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München, 6.9.11 |
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Liebe Freunde, in den letzten Wochen hatten wir vor allem zwei Dinge, die bisher eher rar waren: Nationalparks und Ländergrenzen. Vier der schönsten Nationalparks in Südafrika haben sich wieder einmal von ihrer besten Seite gezeigt, von kleinen Ausrutschern mal abgesehen. Vor allem die vierbeinigen Angestellten waren gut drauf. Außerdem mussten wir vier Mal über Ländergrenzen fahren, wobei die beiden Swaziland-Grenzen eher harmlos waren. Aber der Grenzübertritt nach Mocambique und wieder zurück hatte es in sich. Adrenalin pur! Das werden wir beim nächstem Mal sicher anders machen. Eine schöne Zeit Euch allen von Anette und Wolfgang |
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Tagebuch 1. bis 17.3.2011 |
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Dienstag, 1.3.11 (Cannon Rocks Camp, Boksnes): Der Wohnwagen-Club lagert immer noch auf dem Camp im Addo Nationalpark, so dass auch heute kein Platz für uns frei ist. Dann werden wir unseren Tag so einteilen, dass wir abends am anderen Ende des Parks wieder herausfahren können. “Woonwa-Clubs”, wie sie auf Afrikaans heißen, sind manchmal ziemlich nervig. Immer alte Leute (!), immer Weiße, immer ziemlich viele, immer eine Wagenburg mit Grill in der Mitte. Na ja, fast immer! Es hat viel vom 60er-Jahre Camping in Europa, aber heute mit Satellitenschüssel und großem Geländewagen. Weiße Südafrikaner lieben es, in Gruppen zu reisen. Da stören keine Schwarzen und man kann so leben, wie man das auch von zu Hause gewohnt ist. Außerdem schimmert die alte Wagenburgmentalität der Buren (=Bauern) durch, die vor 350 Jahren von Holland nach Afrika kamen und alles andere als friedliche Einwanderer waren. Die allseits bekannte Vorliebe der Holländer für Wohnwagen teilen sie mit den Buren. Das ist aber auch fast das einzige, was die beiden verbindet. Die mehrheitlich stockkonservativen Buren würden im heutigen Holland ihre liebe Not haben, deshalb sind sie damals ja auch weggegangen. Die Buren waren damals jedenfalls ganz überrascht, dass die ortsansässigen Schwarzen ihr Land nicht freiwillig hergeben wollten. Die folgenden Kriege gegen die Schwarzen und später auch gegen die britische Kolonialmacht haben bis heute tiefe Spuren hinterlassen. Auf allen Seiten! Wir folgen ganz anderen Spuren. Der Addo Elefant Nationalpark heißt ja nicht zufällig so. Schon beim Frühstück auf einem Hügel sehen wir etliche Herden umherziehen. Um diese Zeit herrscht ziemlicher Andrang an den Wasserlöchern. Wie im richtigen Leben stehen die Lautesten vorn. Alle anderen müssen um ihren Platz kämpfen, dies aber durchaus erfolgreich. Leider haben die Elefanten nach wenigen Minuten aus dem Wasserloch einen Schlammtümpel gemacht, um dessen graue Brühe als Sonnen- und Insektenschutz zu benutzen. Um diese Jahreszeit ist hier im Nationalpark das Angebot an Wasser und Nahrung ziemlich üppig. Alles ist grün und dicht bewachsen. Leider! Denn für uns heißt das, dass wir nicht viel sehen können. Na ja, so wenig ist es nun auch wieder nicht, doch es fehlt der weite Blick über die Ebenen. Selbst Elefanten werden schon nach wenigen Metern vom Gebüsch verschluckt, Löwen und kleineres allemal. Besonders auf den engen Pisten würden wir uns nämlich deutlich wohler fühlen, wenn der Rüssel nicht unvermittelt vor uns auftauchen würde. An einem Hang entdecken wir mit dem Fernglas einen Löwen unter einem Baum. Einen Kilometer entfernt! Für den Addo Park sicher etwas Besonderes, doch wir hoffen, dass wir in den nächsten Wochen Löwen noch direkt neben dem Auto haben werden und fahren weiter. Früher haben wir wegen eines Straußes am Horizont angehalten, jetzt muss der Löwe bei Fuß liegen. Das ist wohl unvermeidlich, nach fast zwanzig Jahren in Afrika. Der Addo Nationalpark umfasste, als wir 1993 zum ersten Mal hier waren, nur ein sehr begrenztes Gebiet, weit weg von der Küste. Elefanten waren rar und Besucher auch. Wir können uns noch gut daran erinnern, dass wir in Ermangelung großer Tiere ganz begeistert von den Fußspuren von Nilpferden waren. In den letzten Jahren hat man die Parkfläche erheblich vergrößert, so dass er jetzt bis zur Küste reicht. Addo ist der einzige Park, in dem man die Big Seven beobachten kann. Die Big Five hat fast jeder Park, also Elefant, Büffel, Nashorn, Löwe, Leopard. Hier haben die Werbestrategen noch Orca und Buckelwal draufgesetzt. Da muss sich der Kruger Park schon mächtig anstrengen. Und auch die Kalahari wird sich schwer tun. Aber jenseits aller Werbelyrik: Big Six und Big Seven mal in Natura zu sehen, das hätte schon was. Doch wie wir seit Kapstadt wissen, sind die beiden zur Zeit gerade nicht zu Hause. Auf dem Weg zum Ausgang steht plötzlich ein Elefant vor uns auf der Piste. Ein alter Bulle, glücklicherweise nicht im Hormonrausch der Musth und deshalb friedlich. Der Weg ist zwar breit, aber nicht breit genug für uns beide. Er macht keinerlei Anstalten, die Piste zu verlassen. Unmittelbar am Wege wächst gutes Futter und zudem ist das Gebüsch fast undurchdringlich. Warum sollte er also? Deshalb treibt er uns langsam vor sich her, hier einen Ast zupfend und dort ein Büschel Gras. Er hat alle Zeit der Welt. Nach einem Kilometer im Rückwärtsgang wird der Weg ein bisschen breiter und der Elefant macht Platz. Wir nutzen die Chance, schnell an ihm vorbei zu huschen. Als wir fast neben ihm sind, dreht er sich zu uns um und vom Beifahrersitz kommt nur noch ein gepresstes “Sch..., Sch..., Sch...!”. Doch er schaut lediglich zu uns herüber und kommt nicht näher. Wir sind für ihn völlig uninteressant, er legt nicht mal die Ohren an. Und weg sind wir. Das Camp am Ausgang des Parks liegt direkt an der Fernstraße, also beschließen wir, 80 km weiter entlang der Küste zu fahren, da soll ein ordentliches Camp sein. Es wird dunkel und wir sind sehr dankbar, dass wir ein Navigationsgerät haben, da kann man sich ganz auf den Verkehr konzentrieren. Unabsichtlich haben wir dem Navi allerdings gesagt, dass es den kürzesten Weg suchen soll. Also schickt uns Steffi über eine 20 km lange saumäßige Piste. Wir fluchen über eine Stunde lang, dann sind wir an der Küste, nur um dort festzustellen, dass wenige Kilometer neben uns eine wunderbare Asphaltstraße läuft, vielleicht drei Kilometer länger. Mit Karte wäre das nicht passiert! Dafür ist das Cannon Rocks Camp recht ordentlich und völlig leer. Der Nachtwächter empfiehlt uns, in der Nähe der Waschräume zu bleiben, denn nachts würde hier ein gefährliches Irgendetwas herumstreifen. Was er meinte, haben wir nie herausbekommen. Mittwoch, 2.3.11 (Cannon Rocks Camp, Boknes): Es sind noch weitere Gäste eingetroffen, die neben uns ihr Zelt aufbauen. Als wir mit ihnen ins Gespräch kommen, stellen wir fest, dass es die beiden Vorstände eines Clubs sind, in dem sich Leute mit Fernreisemacke zusammengeschlossen haben. Als sie ihre Namen sagen, dämmert es Wolfgang. Er ist dort seit fast 30 Jahren Mitglied und hat sich wohl ein bisschen zu wenig um die Vereinsinterna gekümmert. Schäm. Vor einigen Jahren hatten wir mal den früheren Vorstand in Namibia getroffen, auch da waren wir nicht wirklich gut informiert. Die beiden sind wirklich nette Leute, keine “Berufsreisenden”, die schon überall waren, wie man sie immer wieder mal trifft ... und fürchtet. Wir beschließen, heute Abend gemeinsam ein Feuerchen zu machen und etwas Leckeres darauf zu legen. Und ein paar Gläschen Roten haben wir auch noch. Es ist ein langer Abend. Donnerstag, 3.3.11 (Cannon Rocks Camp, Boknes): Wir sind ja am Indischen Ozean. Das klingt nach Badeparadies. Ist es aber nicht, sondern nur endloser windiger Strand und eiskaltes Wasser. Menschenleer. Wir schaffen es bis zu den Waden ins Wasser, weitere Erfrierungen lehnen wir ab. Der Tag ist auch sonst recht unschön. Es regnet fast ununterbrochen, Sonne und Thermometer halten sich ziemlich zurück. Warum heißt diese Küste Sunshine Coast? Glücklicherweise hatten wir gestern unsere Markise repariert, so dass wir sie heute ausrollen können, um mit den beiden noch auf ein paar Glas Rotwein im Trockenen zu sitzen. Deren Tag war wettermäßig auch nicht viel besser als unserer. Sie waren im Addo und dort nur ein paar mürrischen und regennassen Elefanten begegnet. Freitag, 4.3.11 (Cannon Rocks Camp, Boknes): Unsere beiden Nachbarn fahren heute weiter Richtung Kapstadt und wir beschließen, weil sich das Wetter freundlich benimmt, einen Wasch- und Reparaturtag einzulegen. Der Service ist fällig, die Tachowelle zittert und das Schaltgestänge ist ausgeschlagen. Alles keine schwerwiegenden Eingriffe. Abends wollen wir zum Essen in den Nachbarort fahren. Wir sind ja hier fast am Ende der Welt, das nächste Restaurant ist 10 km entfernt. Doch nach 100 m bei Einschalten des Lichts ist Schluss! Licht aus, Zündung aus, Motor aus! Gut, dass wir noch mitten im Dorf stehen und hier nur alle Stunde ‘mal ein Auto vorbei kommt. Wir haben keine Ahnung, was den Total-Blackout verursacht hat. Eigentlich sollte die Elektrik so aufgebaut sein, dass das auf gar keinen Fall passieren kann. Entweder der Motor oder das Licht, aber nicht beides. Nach ein paar Minuten können wir wenigstens den Motor wieder zum Arbeiten überreden und rollen langsam ohne Licht ins Camp zurück. Auch intensives Studium der Schaltpläne bringt das Problem nicht zu Tage. Vielleicht morgen. Dafür laden uns unsere neuen Nachbarn, ein afrikanisch-deutsches Ehepaar, zu einem Weinchen ein. Nein, wir sind keine Alkoholiker, aber abends ist es hier ganz schön kühl ... Samstag, 5.3.11 (Lagoon Valley Holiday Resort, East London): Der Kurzschluss von gestern bleibt ein Mysterium. Wir finden zwar zwei angeschmorte, aber nicht durchgebrannte Sicherungen und ein paar nicht ganz koschere Kontakte, doch keiner dieser Punkte kann das Problem erklären. Also doch Erdstrahlen. Oder Voodoo. Jedenfalls wird sich Wolfgang noch mal in Ruhe mit dem Thema beschäftigen müssen, so etwas darf nicht wieder passieren. Mittags ist alles wieder zusammengebaut und funktioniert, auch noch nach dem Einschalten des Lichtes. Trotzdem bleibt beim Griff zum Lichtschalter ein ziemlich mulmiges Gefühl. Nach dem Mittag kommen wir los und landen am Nachmittag, vorbei an Hamburg und Potsdam, in der Nähe von East London. Ein wunderschöner Platz an einem Inlandssee, durch die vorgelagerten Dünen bestens gegen den rauen Seewind geschützt. Und außer uns niemand anderes da. Den Preis für die Lage am See kommt abends zu Besuch. Tausendfach! Mücken über Mücken. Außer uns haben die armen Tierchen ja auch nichts zu Fressen. Also dicke Jacken an, Gift ins Gesicht und zum Schlafen Moskitonetze raus. Sonntag, 6.3.11 (Lagoon Valley Holiday Resort, East London): Vom Camp aus führt ein halbstündiger Wanderweg zum Strand. Anette schickt Wolfgang vor, um den kaum benutzten und deshalb zugewachsenen Weg von netzewebenden Bestien zu befreien. Obwohl wir jetzt 200 km näher an Indien dran sind als gestern, ist das Wasser auch nicht wärmer. Aber es hat etwas, den Wellen bei der Arbeit zuzusehen und außerdem zu wissen, dass hinterm Horizont die Antarktis beginnt. Der Wassertemperatur nach zu urteilen, kann das nicht weit sein. Auf dem Rückweg zum Camp fallen uns im Gebüsch kleine rote Früchte auf. Sie sehen aus wie Bonsai-Tomaten und von der Camp-Chefin erfahren wir später, dass es tatsächlich wilde Tomaten sind, die hervorragend schmecken. Also muss Wolfgang noch mal mit einem Plastikeimerchen raus in die Wildnis und er darf erst zurück, wenn das Eimerchen voll ist. Da die Tomaten nur wenig größer als Heidelbeeren sind, dauert das eine ganze Weile, doch an den nächsten Abenden können wir ausgesprochen leckere Tomaten genießen. Montag, 7.3.11 (Ultra City, Mthatha): Wir wollen weiter nach Port St. Johns. Das sind gut 300 km, meistens Asphalt. Wir sind erst am Mittag auf Achse und müssen unterwegs in East London mal wieder ordentlich einkaufen und ins Internet. Das alles dauert seine Zeit. Hinter East London geht’s weg von der Küste ins Landesinnere. Die Hochebene ist tief zerfurcht von den zum Meer führenden Flüssen und es geht ständig steil rauf und runter. Mit 50 PS kein großes Vergnügen, jedenfalls nicht für die hinter uns Fahrenden. Aber die Landschaft, die so genannte Wild Coast, ist spektakulär. In den neunziger Jahren, als wir zum ersten Mal hier durchfahren wollten, haben uns die Südafrikaner aus Sicherheitsgründen dringend davon abgeraten. Selbst auf den Durchgangsstraßen waren Raubüberfälle an der Tagesordnung. Diese Region, die Transkei, war zu Apartheidszeiten ein Homeland. Abgelegen, unwirtlich und wenig fruchtbar, also für weiße Farmer uninteressant und deshalb als Homeland für Schwarze ideal. Es gab weder Arbeit noch Infrastruktur, deshalb hatten die Schwarzen auch keine andere Wahl, als das Land in kleine Parzellen aufzuteilen, damit jede Familie wenigstens ein bisschen Mais anbauen konnte. Die Männer arbeiteten in Südafrikas Industriezentren, 1000 km entfernt. Nach dem Ende der Apartheid sind viele hier hängen geblieben, wo sollten sie auch hin. Es ist immer noch eine arme Gegend, doch Fortschritte sind unverkennbar. Auf einen der ihren ist die ganze Region besonders stolz: Nelson Mandela stammt aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Mthatha (was bis vor ein paar Jahren unter dem Namen Umtata berühmt und berüchtigt war). Natürlich gibt es hier ein Museum und etliche Gedenkstätten, doch die werden wir uns anschauen, wenn wir das nächste Mal hier sind. Für dieses Jahr hatten wir ja schon eine ordentliche Portion Mandela. Als es dämmert, dämmert uns, dass wir Port St. Johns heute nicht mehr erreichen werden, es sei denn um den Preis einer Nachtfahrt. Doch dazu ist die Landschaft einfach zu schade. Also biegen wir kurzerhand auf einen Truckstop ein. Das ist eine große Tankstelle mit einem noch größeren Parkplatz für Lkws. Es gibt ein Restaurant, einen Supermarkt und der Platz ist bei Nacht bewacht. Eine Einladung für alle Trucker, hier die Nacht zu verbringen. Und wir sind ja auch irgendwie Fernfahrer. Also zahlen wir den Obolus von 1,50 Euro an den Wächter und liegen nach ein paar Schwätzchen mit unseren Nachbarn bald im Bett. Die Nacht ist ruhig, im Sinne von ungestört, obwohl sich über uns ein schweres Unwetter mit Wolkenbruch, Sturm und Blitz austobt. Gut, dass wir nicht weiter gefahren sind. Dienstag, 8.3.11 (Mac Nicols Camp, Bazley Beach): Wir brechen zeitig auf und sind um 10 Uhr wieder unten an der Küste. Port St. Johns. Auf einem kleinen Hügel finden wir ein schönes Frühstücksplätzchen mit weitem Blick auf Meer und Küste. Während der Toaster toastet und das Kaffeewasser kocht, kommt eine ältere Schwarze mit einem großen Stoffbündel, breitet eine Decke aus und drapiert darauf typischen Schmuck. Ketten, Ringe und Anhänger aus farbigen Glasperlen. Hier oben hin verirren sich nur wenige Touristen. Wir treffen keinen einzigen, obwohl Port St. Johns einen Ruf als Zufluchtsort von Künstlern und Aussteigern hat. Um so mehr freut sich die Frau, als ihr Anette zwei Ketten abkauft. Einige Wochen später fragt uns ein Schwarzer, ob die Ketten aus Durban wären. Wir glaubten bis dahin, der Schmuck wäre nur eine beliebige und möglichst bunte Zusammenstellung von Perlen, doch offensichtlich hat jede Region ihre eigenen Muster und Farben. Der weitere Weg nach Durban führt in einem großen Bogen weg von der Küste. Die Landschaft ist dick grün und es geht stramm rauf und runter. Es macht Spaß, hier zu fahren. 100 km vor Durban steuern wir ein Camp am Strand an, das laut unserer Unterlagen hervorragend sein soll. Die Dame an der Rezeption guckt uns an wie Außerirdische. Wir hatten sie wohl von ihrem verdienten Nickerchen abgehalten, zudem weiß sie nicht, was die Übernachtung kostet und ob noch etwas frei wäre. So viel Kundendienst können wir nicht ertragen und fahren weiter. Die Konkurrenz, die uns von anderen Reisenden empfohlen worden war, liegt laut Navi nur gut einen Kilometer entfernt. Luftlinie! Denn eine Flussmündung hat sich dazwischen gemogelt. Wir sind Navi-Steffi dankbar, dass sie uns bei Nacht über Feldwege und kleine Sträßchen sicher zwischen den Zuckerrohrfeldern auf die andere Seite des Flusses führt. Ohne eine sehr gute Detailkarte hätten wir das nicht so schnell gefunden. Drüben erwartet uns ein großes freundliches und gut organisiertes Camp. Wir sollten uns wohl doch mehr auf persönliche Empfehlungen verlassen, anstatt auf Werbung. Mittwoch, 9.3.11 (Mac Nicols Camp, Bazley Beach): Da wir gestern im Dunkeln angekommen sind, sehen wir erst heute morgen, wie groß die Anlage tatsächlich ist. Sie zieht sich ein Stück am Hang hinauf und von oben hat man einen schönen Blick auf Flussmündung und Meer. Da oben ist unser Platz für die nächsten Tage! Der obligatorische Weg an den Strand beschert uns wieder mal die Erkenntnis, dass der Indische Ozean wohl eher Antarktischer Ozean heißen müsste. Jedenfalls in dieser Region. Von tropisch-warmem Wasser keine Spur, nur von eisgekühltem Südwind und hohen Wellen. Der Platzchef hat uns für heute Abend, wie alle anderen Gäste auch, zu einem “Bring-and-Braai” eingeladen. Das ist wie eine Bottle-Party in den Achtzigern, zu der man seine eigenen Getränke mitbrachte. Hier bringt man Essen und Trinken mit, das große Grillfeuer und die frischen Pfannkuchen zum Dessert steuert das Camp bei. Donnerstag, 10.3.11 (Mac Nicols Camp, Bazley Beach): Heute steht noch ein bisschen Auto-Service an, dann ist Pool-Time. Und auf dem Rückweg versucht sich Wolfgang auf einem Trampolin. Anette lacht sich beim Zuschauen krumm, es hat wohl nicht sehr elegant ausgesehen. Am Abend schon wieder eine Einladung, diesmal zum Sunset-Cruise, eine Bootsrundfahrt auf der Flussmündung in der Abenddämmerung. Selbst ein paar Tiere lassen sich blicken. Ein Waran hechtet kopfüber von seinem Ruhebaum ins Wasser (der Campchef sagt, das macht er immer) und ein paar Eisvögel suchen nach ihrem Abendessen. Freitag, 11.3.11 (Dolphin Holiday Resort, Ballito): Nach so viel Erholung kommt heute Durban dran, die zweitgrößte Stadt Südafrikas, fast so groß wie Berlin. Zunächst müssen wir uns um die profanen Dinge des Lebens kümmern. Reifen flicken, Tanken, Ölwechsel. Letzteres lassen wir in einer indischen Werkstatt machen. Der Chef ist ganz begeistert von unserem Auto. Vor allem, dass man darin wohnen und schlafen kann. Und natürlich müssen wir ihm und seinen Leuten alles vorführen. Da wir vor vielen Jahren schon mal in Durban waren, machen wir keine Stadtrundfahrt, sondern steuern direkt das neue Wahrzeichen an, das Moses-Mabhida-Stadion. Der Parkplatz unterm Stadion ist bestens bewacht. Und kostenlos! Die Anlage wurde erst zur Fußball-Weltmeisterschaft 2010 gebaut und hat eine beeindruckende Architektur. Längs über das gesamte Stadion zieht sich ein 350 m langer freitragender Stahlbogen, auf den man mit einer Art Standseilbahn (aus der Schweiz!) hinauf fahren kann, um von oben den tollen Rundblick über die Stadt zu genießen. Doch vorher lassen wir uns eine ausgedehnte Führung durchs Stadion angedeihen; wir dürfen sogar auf den Rasen. Die ansonsten sehr beredte und lockere junge Dame, die uns das alles erklärt, wird merkwürdig schmallippig, als wir sie nach dem Namensgeber des Stadions fragen. Er war der Führer der Kommunistischen Partei Südafrikas und sie weiß auch nicht, was gerade ihn als Namensgeber ausgezeichnet hat. Hoch über uns, auf einer Traverse des Stahlbogens, hören wir Stimmen und bald darauf einen gellenden Schrei. Nein, kein Selbstmord, sondern nur die Trockenübung dazu. Bunjee-Jumping, eigentlich eher Bunjee-Schaukeling, denn der Proband schaukelt in einem großen Bogen durchs Stadionrund. Das ist vermutlich der einzige Ort der Welt, wo man so etwas machen kann. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Oder ist das auch während eines Spiel erlaubt? Warum eigentlich nicht, da könnte man sicher den mehrfachen Preis nehmen und den Applaus von Zehntausenden gäb’s gratis dazu. Am Abend landen wir in einem kleinen Touristenort an der Küste und auf einem typischen südafrikanischen Touristen-Campingplatz. Groß, grün, sauber, scharf bewacht, perfekt organisiert, die Wohnwagenburgen in Reih’ und Glied, rauchende Grills. Aber leider lausiges Wetter. Nach einem ausgedehnten Spaziergang zwischen Hotelburgen und Strand stehen wir an einer Straßenkreuzung plötzlich vor einem alten Fischerboot aus Mozambique. Der Holzkahn wurde aufwendig zerlegt, vor einem Restaurant wieder aufgebaut und dient heute als Oberdeck dieses Restaurants. Anette schafft es irgendwie, einen Tisch mit Aussicht oben auf dem Kahn zu bekommen. Gute Drinks, gutes Essen, netter Chef. Und kein Regen. Samstag, 12.3.11 (Camp im Mkuze Nationalpark): Heute wird es ein anstrengender Tag. Erst werden wir 200 km zum Hluhluwe Umfolozi Nationalpark fahren (der Bandwurmname resultiert aus der Zusammenlegung zweier Parks). Da es dort keine passenden Übernachtungsmöglichkeiten gibt, müssen wir am Nachmittag weiter in den Mkuze Nationalpark. Die Nationalstraße 2 ist einigermaßen langweilig. Plötzlich wird ein PKW vor uns immer langsamer. Wir fahren eine Zeit lang hinter ihm her und wollen dann überholen. Doch der Fahrer hat offensichtlich etwas dagegen und beschleunigt. Kaum sind wir wieder hinter ihm eingeschert, beginnt das Spiel von neuem. Wenn allerdings schnellere Autos von hinten kommen, macht er bereitwillig Platz. Nur wenn wir überholen wollen, findet er sein Gaspedal wieder. Wir haben ein ziemlich ungutes Gefühl, da Raubüberfälle auf Fernstraßen hier nicht unbekannt sind. Doch dazu gehören meistens zwei Autos, um das Opfer ausbremsen zu können. Wir lassen einen großen Abstand und nehmen dafür in Kauf, mit Tempo 30 hinter ihm her zu schleichen. Doch vor allem beobachten wir jedes irgendwie verdächtige Auto und notieren uns die Autonummern, vor allem von älteren Pkws, die mit mehreren Leuten besetzt sind. Sollte man tatsächlich einen Überfall auf uns planen, müssen wir auf jeden Fall verhindern, zwischen zwei Autos zu kommen. Auch auf Vollbremsungen und Ausweichmanöver machen wir uns gefasst. Obwohl Polizeipatrouillen auf den Highways hier nicht selten sind, lässt sich natürlich keine blicken. Auch kein Ort und keine Raststätte, nur Wald und Zuckerrohr rechts und links. Doch beim nächsten größeren Ort werden wir abbiegen. Das ganze Theater zieht sich jetzt schon über eine halbe Stunde hin und unser Gefühl wird nicht besser. Als wir gerade darüber nachdenken, bei der nächsten Ausfahrt im letzten Moment abzubiegen, so dass der Pkw vor uns nicht mehr reagieren kann, da biegt er selber ab. Wir fahren extrem langsam über die Brücke, um zu sehen, wohin er verschwindet, doch er bleibt an der Querstraße stehen. Wir fahren weiter und machen jeden, der sich von hinten nähert, zum Verdächtigen. Das sind jetzt allerdings deutlich weniger, da wir ordentlich Dampf machen, sofern man bei 50 PS davon reden kann ... Als wir endgültig vom Highway abbiegen müssen, schlagen wir bewusst zunächst die falsche Richtung ein und schlängeln uns durch das nahe gelegene Dorf zurück auf die richtige Straße. Ab jetzt wird es einsam, doch wir haben hoffentlich alle potenziellen Übeltäter erfolgreich verwirrt. Trotzdem, jedes andere Auto wird genau angeschaut. Das Misstrauen sitzt tief. Erst als wir den Eingang des Nationalparks erreichen, atmen wir auf. Ab jetzt wird es für Verfolger schwerer. Und für uns leichter. Der Hluhluwe Nationalpark (sprich Schluschluwii) ist berühmt für seine Nashörner. Und nach ein paar Kilometern liegen sie vor uns. Zweitonner mit Schlamm als Sonnenschutz. Es sind 43°C, selbst das Zuschauen ist schweißtreibend. An einer kleinen Furt gibt es ein Vorfahrtsproblem. Ein Viertonner steht uns im Weg und er weiß, das er der Dickere ist. Der Verkehr staut sich zu beiden Seiten. Ok, Stau ist vielleicht etwas übertrieben. Doch wir müssen ihm eine halbe Stunde beim Wasser bunkern zuschauen. Er ist halt der Chef hier. Da wir die Furt nicht umgehen können, hilft nur afrikanische Gelassenheit. Irgendwann ist auch der größte Magen voll. Nationalparks werden bei Sonnenuntergang geschlossen. Da wir noch heute Abend in den nächsten weiter fahren müssen, brechen wir rechtzeitig auf. Und stecken kurz vorm Ausgang schon wieder fest! Diesmal keine Elefanten, sondern eine große Büffelherde. Denen kommt man besser nicht zu nahe, denn sie können zuweilen ziemlich unfreundlich werden. Das Auto werden sie wohl nicht umwerfen, aber für mehr als ein paar Kratzer reicht’s allemal. Zum Mkuze Nationalpark sind es nur 60 km, die wir abseits der Hauptstraßen auf kleinen Pisten zurücklegen. Die Highwayerfahrungen von heute Vormittag haben uns gereicht. Wir sind rechtzeitig vor Toresschluss da. Auf dem riesigen Camp verlieren sich drei Gäste. Dafür kommen Hyänen, Antilopen und Affen zu Besuch. Und der Juniorchef des Nationalparks, der uns nicht nur nach dem Befinden fragt, sondern auch gute Tipps für den morgigen Besuch gibt. Zwar gibt es hier recht gute sanitäre Anlagen, doch leider ist der Wasserdruck im Keller. Also ist es nichts mit Duschen. Von wegen! Wozu haben wir unser eigenes Wasserwerk im Bus? Ein Schlauch mit einem Duschkopf, über den nächsten Ast gehängt, ist ein mehr als würdiger Ersatz. Und Afrikas abendliche Geräuschkulisse gibt’s gratis dazu. Auch, als wir schon lange im Bett liegen, wird es nicht leiser. Fressen und gefressen werden. Sonntag, 13.3.11 (Camp im Mkuze Nationalpark): Zum Frühstück fahren wir an einen See. Leider müssen wir die letzten paar Hundert Meter zu Fuß durch den Busch gehen. Es ist zwar ganz malerisch, aber eine entspannte Frühstücksstimmung will nicht aufkommen. Wir sind hier ja mitten in einem Nationalpark. Doch Löwen frühstücken sicher wo anders. Der Mkuze Nationalpark ist Teil des sehr großen neuen Isimangaliso Nationalparks, der, wenn er irgendwann fertig ist, alles vom Korallenfischchen bis hin zum Elefanten beherbergt. Big Seven! Im Mkuze gibt es mehrere Vogelbeobachtungsstellen. Ein kleiner Parkplatz im Busch, ein langer Palisadengang zum Wasser und dort eine Hütte mit schmalen Fenstern als Beobachtungsposten. Leider ist es vom Parkplatz zum Beginn des Ganges noch ein ganzes Stück zu laufen. Normalerweise stört uns das nicht. Normalerweise! Im Palisadengang treffen wir zwei Südafrikaner, die uns erzählen, dass sie direkt neben dem Gang ein Spitzmaulnashorn gesehen hätten. Wir könnten es gar nicht verfehlen. Tun wir aber doch. Schade. Auch auf dem Rückweg ist es nicht zu sehen. Jetzt sind die 200m vom Gang zum Parkplatz gar nicht mehr so problemlos. Wo ist das Vieh? Spitzmaulnashörner sind aggressiv und gehen blind auf alles los, was ihnen suspekt ist. Egal ob Elefant oder Auto. Oder Mensch zu Fuß. Man kann sich lediglich auf ihre schlechten Augen verlassen, so dass sie meist am Ziel vorbei durchs Gebüsch brechen. Wir lauschen, überhaupt nicht mehr entspannt, hören aber nichts Auffälliges. Im Gänsemarsch, ganz dicht hintereinander gehen wir vorsichtig Richtung Auto. Dicht hintereinander zu gehen hatte uns mal ein Wildhüter geraten, so suggerieren wir den Tieren, dass wir was Großes sind. Den Nashörnern wäre das egal, aber es gibt ja noch andere ... Hinter einer Wegekurve kracht plötzlich etwas durchs Gebüsch. Anette rammt ihre Faust in Wolfgangs Nieren. Adrenalin pur. Eine verängstigte Antilope springt davon. 50 m vorm Auto hält Anette nichts mehr, sie saust los. Die perfekte Einladung an Räuber. Doch es sind keine da, weder Tatzen noch Hörner auf der Nase. Wir sind erst spät nach Einbruch der Dunkelheit zurück im Camp. Kaum haben wir es uns gemütlich gemacht, um die abendliche Geräuschkulisse zu genießen, kommt der Juniorchef vorbei. Ob wir uns eine Schlange anschauen wollen, sie hätten eine Spei-Kobra im Büro. Natürlich wollen wir. Sie hat sich im Schlafraum der Wärter verkrochen und ein Dutzend aufgeregte Leute versucht, sie heraus zu treiben. Glücklicherweise sind wir hier in einem Nationalpark, deshalb bleibt uns - und vor allem der Schlange - die hirnlose Ballerei, die wir vor ein paar Wochen erlebt haben, erspart. Nach etlichen Versuchen mit Besen, Stangen und Tüchern ist die Schlange klug genug, freiwillig das Weite zu suchen. Hoffentlich hat sie ihre Lektion gelernt und wird sich in Zukunft wieder auf Mäuse und Frösche konzentrieren. Montag, 14.3.11 (Lower Sabie, Kruger Nationalpark): Heute ist schon wieder ein Tag mit zwei Nationalparks, genau genommen sogar drei, doch durch einen fahren wir nur hindurch. In einem kleinen Dorf finden wir einen Geldautomaten. Leider schüttet es gerade wie aus Eimern. Der Drei-Meter-Sprint vom Auto unter ein Vordach reicht aus für ein Vollbad. Die geschäftstüchtigen Marktfrauen wittern ein Geschäft und jede hält uns einen Regenschirm hin. Brauchen wir aber nicht, haben wir im Auto liegen. Der Regen hat aus den staubigen Pisten glibberige Rutschbahnen gemacht. Der Matsch fliegt uns um die Ohren, vor allem, wenn ein Auto entgegen kommt. Doch kaum sind wir wieder auf Asphalt, beschert uns eine perfekte Regie noch einen fulminanten Wolkenbruch. An der Grenze nach Swaziland ist unser Bus wieder tip top sauber. Die Grenzformalitäten sind in 20 Minuten erledigt. Ein paar Stunden später stehen wir bereits auf der anderen Seite des Landes und sind kurz darauf wieder zurück in Südafrika. Um drei sind wir in Komatipoort. Von hier geht’s direkt in den Kruger Park. Oder nach Mozambique. Wir müssen auf jedem Fall mal kurz über die Grenze, entweder hier am Hauptgrenzübergang oder weiter nördlich an einem sehr einsamen. Eigentlich wollen wir gar nicht nach Mozambique, doch wir müssen aus Zollgründen raus aus Südafrika. Unsere ursprüngliche Planung, ein paar Wochen in Mozambique zu bleiben, haben wir aus Zeitgründen ohnehin schon abgehakt. Eine Nachfrage beim südafrikanischen Zoll führt nicht zum gewünschten Ergebnis. Unsere abgelaufenen Zollpapiere können wir nicht einfach hier an der Grenze erneuern lassen. Das Fahrzeug muss definitiv außer Landes gebracht werden. Ok, die einfache Lösung geht also nicht. Wat nu? Ohne viel nachzudenken, versuchen wir ein Vabanquespiel. Anette bleibt auf der südafrikanischen Seite der Grenze, Wolfgang fährt rüber nach Mozambique und versucht, hinterm Zollhäuschen wieder kehrt zu machen. Klingt ganz einfach, war es aber nicht. Ganz im Gegenteil! Doch es klappt. Völlig geschafft, aber mit nagelneuen Zollpapieren, treffen wir schließlich fünf Minuten vor Toresschluss im Lower Sabie Camp im Kruger Park ein. Heute haben wir uns ein fürstliches Abendessen auf der Restaurant-Terrasse mit Blick auf Sonnenuntergang und Tierleben redlich verdient. Überraschenderweise wollte der Mann am Eingang vom Kruger Park das Auto im Gegensatz zu den Grenzern richtig inspizieren. Doch es stellte sich schnell heraus, dass er keine Waffen suchte, sondern nur mal in unser Wohnzimmer schauen wollte. Dienstag, 15.3.11 (Balule, Kruger Nationalpark): Wir haben keinen Kühlschrank mehr! Er ist schon noch da, aber weigert sich, seinen Dienst aufzunehmen. Das Spielchen hatten wir schon zu Genüge. Dann soll er halt schmollen, wir werden ihn über kurz oder lang ohnehin durch einen arbeitswilligeren ersetzen. Heute werden wir keine Hektik machen, sondern ganz gemütlich Richtung Balule Camp fahren. Das ist für uns das schönste hier im Krüger Park. Klein und überschaubar, kein Strom, fast familiär. Und was das Beste ist: fast mit einer Garantie, dass am Abend Hyänen zu Besuch kommen. Manchmal sind sie keine zwei Meter entfernt. Gut nur, dass ein Zaun dazwischen ist. Weil das Camp so klein ist, hat es keine eigene Verwaltung. Wir müssen das in einem nahegelegenen Groß-Camp erledigen. Auf dem Rückweg kurz vorm Ziel macht einer unserer Reifen schlapp. Genau hier lag auf dem Hinweg ein Löwe. Diese Stelle ist uns ohnehin bestens vertraut, denn vor ein paar Jahren durften wir hier mal einen Express-Radwechsel vornehmen, weil eine Elefantenherde im Anmarsch war. Doch heute ist alles problemlos. Auch der Kühlschrank, denn wir haben heraus gefunden, dass nur ein Relais durchgebrannt ist. Das ist schnell ausgewechselt. Frieda kommt pünktlich, während wir etwas Leckeres auf dem Grill haben (Frieda heißen bei uns seit ein paar Jahren alle abendlichen Besuchshyänen). Mittwoch, 16.3.11 (Letaba, Kruger Nationalpark): Bei Sonnenaufgang sind wir draußen. Wir wollen heute Abend im Letaba Camp sein. Es ist nur 30 Kilometer entfernt, also können wir gemütlich kreuz und quer fahren. Vielleicht laufen uns ja ein paar nette Tiere über den Weg. Und was für welche! Als wir in eine Senke rollen, schaut aus dem Gebüsch ein kleiner Hyänenkopf heraus. Wir bleiben stehen und geben keinen Mucks von uns. Tatsächlich kommen nach und nach drei Hyänenkinder raus auf den Weg. Mama und Papa sind wohl auf der Jagd und die Kleinen erkunden ihre Umgebung. Die Kerlchen sind neugierig und kommen immer näher ans Auto. Wir müssen die Türen zu machen, damit sie nicht plötzlich drin sind. Hyänenkinder haben wir in all’ den Jahren noch nie gesehen. Und jetzt gleich drei auf einmal, die keinerlei Angst haben. Anette würde am liebsten raus und sie streicheln. Nach einer halben Stunde wird es den Tierchen zu langweilig und sie trollen sich ins Gebüsch. Auch das andere afrikanische Getier läuft uns reichlich vors Auto. Löwen, Elefanten, Zebras, Antilopen, halt (fast) alles, was hier im Park seinen Dienst tut. Mittags sind wir im Camp. Einerseits, weil es da Waschmaschinen gibt, und andererseits, weil wir, während die Maschine arbeitet, im wohl temperierten Pool liegen können. Es sind fast 40°C. Überall hüpfen bunte Vögelchen am Pool herum und Buschhörnchen suchen den Boden ab. Außerdem gibt es hier ein gekühltes Internet-Cafe! Beim Einchecken haben wir die junge Dame an der Rezeption fast zur Verzweiflung gebracht. Sie will unbedingt unsere Telefonnummer haben, doch wir wollen ganz gewiss keine Anrufe von irgend welchen Werbefuzzis. “Haben Sie ein Mobiltelefon?” “Nein, leider nicht” “... und Ihre Telefonnummer zu Hause?” “... wir sind ja nicht da!” “Aber wenn wir Rückfragen haben ...” “... dann sind wir immer noch nicht da!” “Doch ohne Telefonnummer kann ich Sie nicht am Computer einbuchen” “Sollen wir in ein anderes Camp fahren?” “ Nein, ich frage meinen Chef” “Warum tragen Sie nicht einfach 123456789 ein?” “ Ist das Ihre Nummer” “Nein” “... aber dann kann ich sie doch nicht eintragen” “mmmh!”. Die Verzweiflung steht ihr im Gesicht. Dann kommt die Chefin. Es spielt sich fast wörtlich der gleiche Dialog noch einmal ab. Ebenfalls Ratlosigkeit auf der ganzen Linie. Plötzlich verschwindet die Chefin in einem anderen Zimmer. Es scheint noch einen Oberchef zu geben. Nach kurzer Zeit kommt sie mit einem zufriedenen Lächeln zurück, drückt ein paar Tasten und wir sind eingebucht. Alle lachen und freuen sich, dass wieder ein kompliziertes Problem gelöst worden ist. Am späten Nachmittag drehen wir noch mal eine Runde durch den Park. Viel Aufregendes läuft uns allerdings nicht über den Weg. Ganz im Gegensatz zum abendlichen Feuerchen. Wir campen wie üblich dicht am Zaun und mehrere Friedas patrouillieren regelmäßig vorbei und schauen, was wir so machen und ob nicht doch etwas Essbares abfällt. Nach Einbruch der Dunkelheit, als Anette schon lange im Bett liegt und Wolfgang vorm Bus am Rechner noch etwas schreibt, gesellt sich zum Raschelgeräusch einer vorbeilaufenden Hyäne ein seltsam hohes Kichern. Mama Hyäne hat ihre beide Kinderchen mitgebracht. Offensichtlich gelten wir seit heute Vormittag in Hyänenkreisen als vertrauenswürdig. Donnerstag, 17.3.11 (Pretoriuskop, Kruger Nationalpark): Normalerweise sieht man im Kruger Park nur selten tote Elefanten herumliegen. Doch dieses Jahr fällt uns schon der dritte auf. Und wie er auffällt! Lange bevor wir ihn sehen, müssen wir uns die Nasen zu halten. Es stinkt erbärmlich. Andere finden das gar nicht so erbärmlich. Ganz im Gegenteil, sie lieben es. Vor allem Geier und Hyänen, an denen wir dieses Jahr wohl nicht vorbei kommen. Die abgelegene Piste, die wir uns ausgesucht haben, ist arm an Tieren, dafür aber reich an Schlaglöchern und Staub. Das einzig Erfreuliche ist ein bewirtschafteter Picknickplatz, mit Schattendächern, Tischen und Stühlen. Wer’s mag, kann sich hier sogar einen Gasgrill leihen. Bei 38° C im Schatten mögen wir eher das Gegenteil, einen frischen Salat und ein paar kalte Getränke. Rechtzeitig zum Sonnenuntergang treffen wir in Pretoriuskop ein. Ein recht schönes und vor allem großes Camp, doch etwas Entscheidendes fehlt ihm. Hyänen am Zaun!
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