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Skukuza, den 31.10.2012 Liebe Freunde, weit sind wir dieses Mal nicht gekommen, nicht mal 1000 km. Doch es waren interessante Kilometer. Blühenden Wiesen, ein stürmisches Kap, das immer-eine-Reise-werte Kapstadt und die ersten richtigen Wale. Es war alles dabei. Nur das Wetter ist wieder mal anderer Meinung als wir. Das Problem schleppen wir schon auf der ganzen Reise hinter uns her. Weiter im Norden konnten wir immer mal in die Wüsten im Landesinneren fliehen und Sonne tanken, hier am Kap geht das nicht mehr. Aber es ist ja das Kap der Guten Hoffnung, und die haben wir. Blauen Himmel, ein paar Wale, später Elefanten, mehr muss nicht sein. Mal sehen, was daraus wird (um es vorweg zu nehmen, zwei der drei Sachen werden wir reichlich haben, und auf Tuchfühlung). Bis dahin Anette & Wolfgang |
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Tagebuch 20.9. bis 5.10.2012 |
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Donnerstag, 20.9.12 (Ou Skip Caravanpark, Melkbosstrand): Heute also nach Kapstadt. Jedenfalls in die Nähe, denn innerhalb der Stadt gibt es kein Camp. Wir bleiben 20 km nördlich in Melkbosstrand. Auf diesem Camp, was im übrigen ziemlich groß ist, haben wir uns gleich für acht Tage eingemietet. Nicht, weil uns das Camp so gut gefällt, sondern weil am Montag Feiertag ist und zudem in der nächsten Woche alle Kap-Provinzen Schulferien haben. Die ersten Ferien nach dem langen Winter, in denen traditionell alles, was Räder hat, irgend wohin ins Grüne fährt. Zum Grillen, dem südafrikanischen Volkssport, hierzulande Braai genannt. Der Feiertag heißt zwar offiziell National Heritage Day und ist dem kulturellen Erbe gewidmet, der Volksmund hat daraus jedoch den National Braai Day gemacht und ihn den Helden der Grillzange gewidmet. Fast alle Camps sind ausgebucht und es gibt nur eine Chance, die räuchernden Massen im Zaume zu halten: richtig schlechtes Wetter. Freitag, 21.9.12 (Ou Skip Caravanpark, Melkbosstrand): Der National Braai Day ist zwar erst am Montag, doch das Vorgrillen fällt schon mal ins sprichwörtliche Wasser. Es ist kalt, die Wolken hängen tief und es regnet. Wir fahren nach Kapstadt, vielleicht klart es ja auf. Tut es aber nicht. Doch bei diesem Wetter an der weltberühmten Waterfront herumschlendern, ist nur etwas für ganz harte. Weicheier wie wir verziehen sich ins nicht minder berühmte Two Oceans Aquarium. Von außen ein eher unscheinbarer Bau, aber innen eines der besten Aquarien der Welt. Hier treffen sich die Einwohner des Indischen mit denen des Atlantischen Ozeans. Wunderbar beleuchtete kleine Aquarien, in denen man unter der Lupe aberwitzige Lebewesen beobachten kann, und riesige Becken, in denen große Haie und Rochen von Tauchern gefüttert werden. Wir wundern uns drüber, dass wir hier nicht schon früher waren. Vielleicht war das Wetter immer zu gut. Heute allerdings war es das perfekte Aquariumswetter. Samstag, 22. bis Montag, 24.9.12 (Ou Skip Caravanpark, Melkbosstrand): Das Wochenende werden wir hier auf dem Camp aussitzen. Die tiefhängenden Wolken laden auch zu nichts anderem ein, denn heute ist dieselbe Soße wie gestern. Die braaienden Massen bleiben aus. Statt dessen legen wir drei Putz-, Wasch- und Reparaturtage ein. Die letzten 3000 km haben das eine oder andere Zipperlein am Bus zum Vorschein gebracht. So hat es in den Bergen unsere hinteren Bremsen völlig aufgearbeitet. Da sind ein paar Stunden Zuwendung nötig, um alles wieder funktionsfähig zu machen. Im Camp gibt es Münzwaschmaschinen, die wir einen Tag lang mit Beschlag belegen. Zum Verdruss einiger anderer. Na ja, wer zuerst kommt, wäscht zuerst. Am National Braai Day ist der Wettergott extrem gut gelaunt und wir nutzen die Gelegenheit, unseren Polstern nach vier Jahren intensiven Gebrauchs ein Vollbad in der Waschmaschine zu gönnen. Wegen des herrlichen Sonnenscheins haben wir auch die Chance, am Abend wieder auf trockenen - und vor allem sauberen - Polstern zu schlafen. Dienstag, 25.9.12 (Ou Skip Caravanpark, Melkbosstrand): Nach zwei motorlosen Tagen gelüstet uns heute nach einem Ausflug. Runter zum Kap der Guten Hoffnung, bei immer noch herrlichem Wetter. In der Bucht vor Kapstadt sind die ersten Surfer im Wasser, doch richtige Strandbekleidung hat sich noch nicht durchgesetzt. Uns ist ohnehin schleierhaft, wie es die Surfer in dem antarktisch kalten Wasser aushalten. Am Kap pfeift uns wie üblich der Wind kräftig um die Ohren, speziell hoch oben auf einer Felsnase beim alte Leuchtturm. Von hier hat man einen weiten Blick über die False Bay, die rückwärtige Kapstädter Bucht. Der Turm ist schon lange außer Betrieb, obwohl er viel weiter sichtbar wäre als der neue. Sein Nachteil: er steht zu weit oben überm Meer, so dass er zwar über den Küstennebel hinausragt, jedoch unten von den Schiffen aus nicht mehr zu sehen ist. Mit fatalen Folgen. Heute ist der alte Leuchtturm das Zentrum des Touristenrummels mit Parkplätzen, Schrägseilbahn für Fußkranke, Restaurants und Souvenirläden. Dabei liegt das eigentliche Kap der Guten Hoffnung ein Stück entfernt und markiert den südwestlichsten Punkt Afrikas. Hier arbeiten sich die Wellen aus der Antarktis, die typischerweise aus Südwesten kommen, am afrikanischen Kontinent ab. Doch viel wichtiger als das eigentliche Kap der Guten Hoffnung ist die Tafel, die darauf hinweist, dass man genau dort ist. Denn man ist nicht am Kap gewesen, wenn man nicht ein Foto von sich vor dieser Tafel nach Hause mitbringt. Insbesondere für asiatische Touristen scheint das der einzige Zweck der Reise zu sein. Sie stellen sich brav in einer Schlange an, wer dran ist, rennt nach vorn, stellt sich hinter die Tafel, nimmt irgend eine möglichst verrückte Haltung ein und ein anderer fotografiert ihn. Dann wird im Laufschritt gewechselt. Besonders beliebt sind die Erlöserstellung (Arme ausgebreitet, Handflächen nach oben) und bei Paaren die Titanic-Stellung (das Pärchen vorne am Bug, als es schon abwärts ging). Es wäre mal interessant herauszufinden, warum Paare gerade die Untergangsstellung bevorzugen. Noch bevor das letzte Foto geknipst ist, hupt der Busfahrer nachdrücklich und lässt den Bus schon mal ein Stück anrollen. Aus dem Laufschritt wird Panik und der eine oder andere muss sich entscheiden: mit dem Bus mitfahren oder Beweisfoto für zu Hause machen. Am Abend ist es uns schließlich gelungen, die Tafel und das Kap ohne Warteschlange zu erleben. Mittwoch, 26. bis Samstag, 29.9.12 (Ou Skip Caravanpark, Melkbosstrand): Die nächsten vier Tage sind eher gemächlich. Ein bisschen waschen, ein bisschen reparieren, ein bisschen Mail erledigen, ein bisschen nichts tun. Spannend ist, was zur Zeit mit Wolfgangs Kreditkarte passiert. Wir erfahren von unserer Bank, dass in Europa gerade jemand versucht, das Konto maximal leer zu räumen. Möglicherweise hat er schon über 2000 Euro durch fiktive Internet-Einkäufe abgezockt. Wir werden das am Montag Morgen klären und gegebenenfalls die Karte sperren lassen. Sonntag, 30.9.12 (Chapmans Peak Caravan Farm, Noordhoek): Wir wollen heute in ein anderes Camp verlegen, eine Stunde südlich von Kapstadt und damit näher am Kap der Guten Hoffnung. Der Weg dorthin führt durch die Stadt, vorbei am Tafelberg, den man am Sonntag lieber weiträumig umfährt, auf den Chapmans Peak Drive. Eine abenteuerlich in die Klippen gehauene Panoramastraße an der Atlantikküste. Die Steilwände bieten nicht nur phantastische Ausblicke, sondern drücken auch den Wind nach oben, zur Freude von Gleitschirmfliegern und Modellbauern. In einer Bucht hat sich ein halbes Dutzend der letzteren versammelt und lässt kleine ferngesteuerte Segelflugzeuge über unsere Köpfe sausen. Wegen des extremen Windes sehen die Dinger gar nicht wie Segelflugzeuge aus, sondern eher wie Düsenjets. Und genau so schnell sind sie auch. Hin und wieder kracht eines der Flugzeuge auf die Straße oder in einen Baum, doch seltsamerweise halten die das aus. Unser Camp stellt sich als großer Bauernhof heraus. Auf einer Wiese kann man sein Zelt aufbauen oder seinen Caravan parken. Ringsherum hört und sieht man alles, was einen Bauernhof zum Bauernhof macht. Kühe laufen zwischen den Zelten herum. Ibisse und andere - sehr laute - Vögel stochern in der Wiese nach Futter, Pferde und Schafe schauen zu, ein kleiner Hahn hackt Anette die Wade blutig. Das Landleben kann für Städter ganz schön schmerzhaft sein. Es ist erstaunlich, dass sich so nah an einer Millionenstadt eine kleine ländliche Oase erhalten hat. Montag, 1.10.12 (Chapmans Peak Caravan Farm, Noordhoek): Da wir nicht weit weg vom Kap der Guten Hoffnung sind, fahren wir noch einmal hin, um uns ein paar Flecken anzuschauen, die wir beim letzten Besuch ausgelassen haben. Die Sicht ist so gut, dass wir die Berge auf der anderen Seite der False Bay deutlich erkennen können. Irgendwo dort liegt Hermanus, die Wal-Hauptstadt Südafrikas. Unser nächstes Ziel. Heute jedoch sind wir mit deutlich kleineren Tieren zufrieden. Pinguine. Eigentlich leben die hier gar nicht, sondern nur in der Antarktis. Man vermutet, dass ein paar von Ihnen illegal auf Fischerbooten mitgereist sind und hier vor der Küste ausgesetzt wurden, denn in die Häfen durften die Fischer sie nicht mitbringen. Seit ein paar Jahren steht ihr Siedlungsgebiet unter dem Schutz eines Nationalparks. Als wir vor 20 Jahren zum ersten Mal hier waren, konnten wir noch am Strand mit ihnen schwimmen. Heute undenkbar, Mensch und Tier sind strikt voneinander getrennt. Den Pinguinen bekommt das offensichtlich gut, denn die kleinen Kerle haben sich prächtig vermehrt. Überall in den Dünen hört man ihr Geschnatter, unter jedem Busch wird gebrütet. Und manchmal, wenn ihnen langweilig wird, kommen sie zum Bummeln hoch in die Stadt. Dienstag, 2.10.12 (Palmiet Camp, Kleinmond): Jetzt ist es genug Kapstadt. Fast, denn ein paar kleine Abstecher machen wir noch. Zuerst in die Silvermine Nature Reserve, die ebenfalls zum Nationalpark gehört. Hier gibt es keine gefährlichen Wildtiere, deshalb braucht es hier - ganz ungewöhnlich für einen Nationalpark - Hinweise für Hundehalter. Denn üblicherweise gelten Hunde in Nationalparks als Imbiss und sind deshalb strikt verboten. Anschließend kommen wir auf die wahnwitzige Idee, zu glauben, wir könnten jetzt einfach mal mit der Seilbahn auf den Tafelberg fahren. Schon die Straße dorthin ist beidseitig geschlossen mit Autos zugeparkt und vor der Seilbahn stehen die Insassen. Eine hundert Meter lange mehrreihige Schlange. Nein, wir verzichten darauf, den Tag mit netten Leuten in einer Warteschlange zu verbringen und flüchten auf den gegenüber liegenden Hügel. Der nennt sich Lions Rump und Signal Hill und von ihm hat man einen schönen Blick auf Kapstadt. Ohne Menschenmassen, allerdings auch ohne Seilbahn. Dann ist’s aber wirklich genug mit Kapstadt. Auf nach Kleinmond, auf der anderen Seite der False Bay. Das kennt niemand, doch dort soll es ein schönes Camp geben. Nach Hermanus und zu den Walen ist es von dort nicht weit. Drei Stunden später sind wir da. Mittwoch, 3.10.12 (Palmiet Camp, Kleinmond): Der Blick morgens aus dem Bett ist nicht schlecht. Die Wellen krachen meterhoch auf die Felsen und der blaue Himmel strahlt uns an. Vielleicht sollten wir mal schauen, was die Wale machen. Doch vorher fahren wir noch zum “Hafen” von Kleinmond, sprich, an die Betonplatte, an der sie die Boote wieder aus dem Wasser ziehen. Hier wird nicht mit dem Netz gefischt, sondern professionell geangelt. Der Fisch, auf den sie es abgesehen haben, heißt Snoek, sieht aus wie ein Barrakuda, ist gefräßig und hat verdammt viele Zähne. Die fehlenden Finger mancher Fischer illustrieren das. Die Beute, meistens nur ein paar Dutzend Fische, wird gleich an Ort und Stelle verarbeitet. Der Kopf wird geteilt, die Innereien fliegen zurück ins Meer und die auseinander geklappten Hälften werden gewaschen. Dazu wird die direkt daneben stattfindende Autowäsche nur kurz unterbrochen, die Werkzeuge sind ja eh die selben, Wasserschlauch und Bürste. Ab und zu hängt auch mal ein Hai am Haken. Der ist offensichtlich nicht verkäuflich, sondern wird selber gegessen. Nach so vielen Raubfischen fahren wir weiter zu den “sanften Riesen”, so sie sich denn blicken lassen. In Hermanus gibt es angeblich so viele Wale, dass man sie selbst vom Ufer aus beobachten kann. Hier tummeln sich Southern Right Whalea, also Grauwale oder Südliche Glattwale. Sie leben wie die Pinguine an sich in der Antarktis, kommen aber wegen des wärmeren Wassers hierher, um Kinder zu kriegen. Und die nächsten vorzubereiten. In der Antarktis würden die Neugeborenen gleicht erfrieren. Wir stellen uns zu den vielen anderen Leuten auf “den” Ausguck in Hermanus. Und tatsächlich, direkt vor uns an der Küste spielen sie gemächlich im flacheren Wasser. Hin und wieder springt mal einer, doch meist weiter draußen. Ein paar Unentwegte wagen sich sogar mit Paddelbooten in die Nähe der Wale, doch so richtig viel zu sehen bekommen sie von den Tieren nicht, denn die Dünung ist über 5 m hoch. Genau aus diesem Grunde sind auch keine Walbeobachtungsboote draußen. Auf denen käme man ziemlich dicht an die Wale heran. Im Hafen erklärt man uns zudem, dass das Wetter morgen eher noch schlechter wird und deshalb die Boote abermals im Hafen bleiben. Auch der Freitag ist vermutlich schlecht, da dann wegen der ausgefallenen Tage alle fahren wollen. Der Samstag wäre zu empfehlen, dann wäre außerdem das Wetter viel besser, von wegen Seekrankheit und so. Also werden wir am Samstag unser Glück versuchen. Donnerstag, 4.10.12 (Palmiet Camp, Kleinmond): Das Wetter ist wie versprochen und wir verlassen den Bus nur zu den nötigsten Verrichtungen. Freitag, 5.10.12 (Onrus Caravan Park, Onrus): Um morgen früh nicht erst 30 km nach Hermanus fahren zu müssen, wandern wir ein Camp weiter nach Onrus, nur 10 Minuten vom Walhafen entfernt. Unsere Abreise verzögert sich allerdings ziemlich, weil plötzlich einer unserer Auto.Schlüsselbunde weg ist. Gestern war er noch da! Wir suchen an allen möglichen und besonders an den unmöglichen Stellen. Nichts zu machen. Bis Anette auf die Idee kommt, im bereits abgeholten Müll nachzuschauen ... In Onrus gibt es nach Auskunft des Campingplatzchefs ein hervorragendes Restaurant, in dem man allerdings immer vorbestellen muss. Das tut er auch gleich für uns. Wir werden noch mal richtig gut Essen gehen, denn wer weiß, ob Anette morgen nach der Bootsfahrt das Wort “Essen” überhaupt noch in den Mund nehmen mag. Denn entweder sie nimmt Pillen, dann ist sie müde, oder sie nimmt keine, dann hängt sie über der Bordwand. Doch ob das die Wale mögen? Also morgen Pillen und heute Restaurant. Wir gehen, wie vom Chef beschrieben, und landen in einer verräucherten Spelunke. Sportbegeisterte grölen zu einer undefinierbaren Sportart im Fernsehen. Wir sind auf dem Hacken wieder draußen, doch etwas anderes ist nicht zu finden. Wir nehmen einen neuen Anlauf, vielleicht täuscht der erste Schein ja. Ob es hier etwas zu essen gäbe, fragen wir den Wirt. Na klar, Steak mit Pommes oder Hähnchen mit Pommes. Unsere fehlende Begeisterung deutet er richtig und schiebt nach: wenn wir etwas anderes wollten, müssten wir 100 m bergan gehen, da wäre ein anderes Restaurant. Oha, noch mal Glück gehabt! Das andere Restaurant ist von außen kaum sichtbar, hat keinen Namen dran und ist proppevoll, bis auf unseren reservierten Platz. Wir schauen auf einen großen Holzofen und dem Koch auf die Finger. Mit großer Gelassenheit wirbelt er mit Gewürzen und allerlei Flaschen, hin und wieder lodert eine Flamme hoch oder eine Pizza wird in den Ofen geschoben. Weil hier alles frisch zubereitet wird, ordern wir für den schnellen Hunger eine Pilzsuppe. Ein Gedicht! Auch der Hauptgang, Fisch, ist hervorragend. Die Bootsfahrt kann kommen.
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