Montag, 7.1.08 (Khorab Lodge/Otavi): Unsere runderneuerte Website ist mit viel Mühe über ein Handy an einen Kollegen bei Siemens gegangen, der sie ins Netz stellen wird. Danke, Hartmut.
Zum Abschied von der Khorab Lodge gibt es Killer-Eland zum Abendessen. Das Vieh war der Leitbulle einer Herde von Elandantilopen auf einer nahe gelegenen Farm und wollte wohl seinen Damen zeigen, was er für ein Kerl ist. Jedenfalls hat er den Farmer mit seinem Horn aufgespießt. Vorn in den Bauch rein, hinten wieder raus. Der Farmer hatte mehrfaches Glück. Zum einen kriegte er mit seinem Handy plötzlich einen Netzzugang, was auf seiner Farm sonst nie der Fall ist, zum zweiten hat das Horn keine lebenswichtigen Organe verletzt und zum dritten war ein Nachbarfarmer gerade in der Nähe und konnte ihn ins Krankenhaus bringen. Am Ende ist es gut ausgegangen, jedenfalls für den Farmer, für das Eland weniger.
Am Abend sitzt Wolfgang noch am Computer und wird von fliegenden Termiten umschwärmt. Wenn es geregnet hat, kommen sie aus der Erde, um irgendwo einen neuen Staat zu gründen, Tausende aus jedem Bau. Sie sehen aus wie bleistiftdicke Würstchen mit Flügeln. Da sie heute zum ersten (und letzten) Mal in ihrem Leben fliegen, sind sie ziemlich unbeholfen, knallen gegen die Lampe und bleiben hilflos flatternd auf dem Rücken liegen.
Zehn Minuten später ist der Boden voll mit Ameisen, die die viel größere Beute mit vereinten Kräften erledigen und in ihren Bau transportieren. Es sieht aus wie eine Prozession, die Ameisen heben die Würste über ihre Köpfe (a la zehn Mann, zehn Ecken) und ziehen im Konvoi zu ihrem Bau.
Eine halbe Stunde später findet man auf dem Schlachtfeld nur noch die abgeworfenen Flügel der Termiten.
Dienstag, 8.1.08 (Kaisosi Lodge/Rundu): Heute ist Kilometertag. Wir wollen ins 400 km nördlich gelegene Rundu, von da sind es nur noch ein paar Stunden in den Caprivi-Zipfel.
In der nächsten größeren Stadt lässt sich Anette noch schnell den Augeninnendruck messen. Nur zur Sicherheit, damit mit ihrer neuen Linse nichts schief geht. Ist alles ok.
Am Abend landen wir in der Kaisosi Lodge. Sehr schön grün, toll angelegt unter großen Bäumen, mit einer Restaurantterrasse über dem Fluss. Das perfekte Klischee einer Lodge im afrikanischen Busch. Dutzende von Pfauen bevölkern die Anlage, die mit ihren Kinderchen bei uns vorbeikommen und sich im Schatten unseres Busses niederlassen.
Mittwoch, 9.1.08 (Kaisosi Lodge/Rundu): An so einem schönen Platz kann man es länger aushalten. Wir bleiben noch einen Tag, um Wäsche zu waschen und ein bisschen Service am Auto zu machen.
Donnerstag, 10.1.08 (Mahango Lodge): Das Wetter ist mittelprächtig, wir fahren 200 km weiter an den Oberlauf des Okavango. Hier gibt es den Mahango Nationalpark, der zwar klein ist, aber einiges an Tieren zu bieten hat. Die Mahango Lodge liegt malerisch am Ufer und von unserem Platz aus können wir die Nilpferde im Wasser liegen sehen. Und hoffen, dass sie auch da bleiben, denn wenn man ihnen an Land in die Quere kommt, werden sie zu Stieren. Ihre Hauer hätten mit Autoblech kein Problem ...
Freitag, 11.1.08 (Mahango Lodge): Es ist zwar regnerisch, aber es schüttet nicht. Die Pisten im Park sind gut zu befahren. Auch die Tierwelt ist ganz ordentlich. Meist hatten wir hier viele Elefanten, doch die haben sich jetzt im Gebüsch versteckt und stattdessen die Kudus an die Front geschickt.
Auf der Rückfahrt zum Eingang können wir vor einem auf der Piste liegenden Ast gerade noch rechtzeitig bremsen. Er bewegt sich nämlich ganz gemächlich zur Seite und stellt sich als Felsenpython heraus. Vielleicht eineinhalb Meter lang, also noch ein Kind, denn wir hatten im Krugerpark schon mal ein Vier-Meter-Exemplar. Sie beobachtet uns ganz genau. Und wir sie auch.
Kurz vor dem Ausgang erwischt uns der Regen dann doch noch. Und wie! Es kübelt. Und einer von uns muss raus und das Gatter aufmachen!
Als wir fünf Kilometer weiter in die kleine Piste zu unserer Lodge einbiegen wollen, ist aus der Abzweigung ein See geworden. Es strömt von allen Seiten hierher. Keine Chance zu erkennen, wo die eigentliche Piste verläuft. Das Risiko, in einem Wasserloch zu enden, ist uns zu groß und wir flüchten mit durchdrehenden Rädern zurück auf die Hauptpiste.
Nach einer halben Stunde ist der Spuk vorbei und der Pistenverlauf kommt wieder zum Vorschein. Nichts wie durch, damit wir vor dem nächsten Regen in der Lodge sind.
Samstag, 12.1.08 (Namushasha Lodge): Es regnet, was sonst. Doch die gestrigen Seen auf der Piste sind gut abgelaufen.
Unterwegs verabschiedet sich einer unserer Vorderreifen. Der erste Plattfuß dieses Jahr. Wir hatten schon schlimmere Zeiten. Als wir gerade fertig sind, rauscht ein Geländewagen aus Pforzheim an uns vorbei und wendet. Zwei sehr nette Leute, mit denen man sicher ein paar Tage hätte verbringen können, doch leider wollen sie da hin, wo wir herkommen.
Auf der 80 km langen Straße durch den Caprivi Game Park warnen immer wieder große Schilder vor Elefanten, doch es lässt sich keiner blicken. Fast keiner. Denn kurz vor dem Ende des Parks läuft uns doch tatsächlich der Alibi-Elefant über die Straße.
Interessanter war allerdings ein anderes Tierchen. Entweder das Chamäleon war farbenblind oder zu faul, seine Farbe anzupassen. Erst als wir es ein wenig ärgern, bekam es ein paar hektische Flecken und busgelbe Streifen am Kopf. Vielleicht hätten wir es mal auf die Regenbogenstreifen unseres Autos setzen sollen.
Die Namushasha Lodge, unser Ziel für heute, liegt sehr schön an einem Flussufer mit weitem Blick über die Ebene und ist stilvoll eingerichtet, doch sie hat drei gravierende Nachteile. Zu viele Deutsche, viel zu viel Regen und viel viel viel zu viele Mosquitos. Nur unter der Dusche hat man ein paar Minuten Ruhe. Doch Anette verweigert die Buschdusche, weil sie bei Nacht nicht erkennen kann, welche Mörderspinnen sich darin verstecken.
Außerdem erfahren wir, dass wir den nebenan gelegenen Mudumu Nationalpark dank des Regens von der Liste streichen können. Die Pisten sind weg.
Wenigstens gibt es im Restaurant ein sehr schönes Dinner.
Sonntag, 13.1.08 (Chobe Safari Lodge/Kasane, Botswana): Heute ist der Tag der Entscheidung. In Katima Mulilo, der Grenzstadt am Ende des Caprivi-Streifens, beratschlagen wir zwei Stunden lang an einer Kreuzung, wie wir den Blinker setzen wollen. Links nach Zambia, Malawi und Mocambique oder rechts nach Botswana und Südafrika.
Aus dem Internet haben wir ein Wolkenbild des südlichen Afrikas herunter geladen. Es sieht nördlich und östlich von uns gar nicht gut aus. Überall Regen, der von Ostafrika über den Kontinent gedrückt wird. Entweder wir rauschen nach Norden möglichst schnell durch die Regenwand hindurch und hoffen, dass es dahinter schön wird, oder wir kapitulieren und weichen nach Süden aus.
Wir entscheiden uns für Letzteres, das dürfte das kleinere Risiko sein. Wie wir später erfahren werden, ist es die einzig richtige Entscheidung. Genau die Region, in die wir eigentlich wollten, erleidet die schwersten Regenfälle seit der Kolonialzeit. Große Überschwemmungen, viele Flüchtlinge, Krankheiten, Nahrungsmangel. Unter diesen Umständen sind Touristen das letzte, was sie brauchen.
Die Grenze nach Botswana ist wie immer problemlos und am Abend landen wir in der legendären Chobe Safari Lodge. Sie stammt aus den fünfziger Jahren, ist in Ehren ergraut, aber in hervorragendem Zustand.
Und das Wetter ist auch ein bisschen besser als in Namibia!
Montag, 14.1.08 (Chobe Safari Lodge/Kasane): ... und heute ist es sogar hervorragend. Kein Tropfen Regen, nur ein paar Wölkchen.
Der Chobe Nationalpark wartet. Die Pisten sind zwar sehr sandig, doch dank des Regens der vergangenen Tage bestens zu befahren. Und auch die Tiere genießen das schöne Wetter. Jede Menge Elefanten und Nilpferde, am Abend sogar ein Rudel mit acht Löwen, die einen richtigen Verkehrsstau unter den Safariautos und den Flussbooten verursachen. Jeder will möglichst nah ran. Doch auf Dauer haben wir die besten Karten, denn wir können warten, bis alle weiter müssen, schließlich haben deren Gäste nicht nur Löwen gebucht.
Nach so einem erlebnisreichen Tag steht unser Dinner dem in nichts nach. Es ist wohl das beste und abwechslungsreichste Büffet, was wir je erlebt haben. Edles Gedeck auf einer riesigen aufgeständerten Terrasse, durch die die Urwaldbäume wachsen, fast keine Insekten und eine aufmerksame Bedienung, die uns erst einmal herumführt und erläutert, was es heute alles gibt. Entweder man sucht sich die gewünschten Zutaten zusammen und bekommt sie individuell so zubereitet, wie man sie mag. Oder man bedient sich bei den bereits vorbereiteten Speisen.
Wir testen beides ausgiebig. Und natürlich auch das Dessert.
Dienstag, 15.1.08 (Nata Lodge/Nata): Das schöne Wetter hat sich gestern offensichtlich verausgabt. Heute schüttet es jedenfalls aus Eimern. Als wir gerade einen Reifen flicken lassen, steht innerhalb weniger Minuten ein beachtlicher See vor der Werkstatt. Also nichts wie weg hier.
Wir müssen noch ein paar Lebensmittel einkaufen, denn bis zur nächsten Stadt sind es 500 km, doch dann wird auf dem Parkplatz in unseren Bus eingebrochen. Vor allen Augen, ohne das es jemanden stört. Das scheint hier wohl ganz normal zu sein.
Die Erklärung: wir haben beide unsere Schlüssel im Auto liegen lassen, die Autotüren zugeschlagen und mit etwas Draht und Blech vom Müll und einem Taschentuch die Tür knacken müssen. Normalerweise lassen sich alte Autos relativ einfach öffnen, doch wir hatten ein paar Vorkehrungen getroffen, damit das nicht ganz so leicht geht. Und uns damit selber reingelegt. Nach einer halben Stunde war wieder alles in Butter.
Es war ein ziemlich dummes Gefühl, plötzlich mit nichts als den Papieren auf einem öffentlichen Parkplatz zu stehen und unter den Augen der Umstehenden das Auto knacken zu müssen. Glücklicherweise hatte der Regen gerade eine kurze Auszeit genommen.
Am Nachmittag machen wir uns auf den Weg nach Süden ins 300 km entfernte Nata. Unterwegs ist Arbeitsteilung angesagt: Der Fahrer umkurvt die Schlaglöcher und der Beifahrer konzentriert sich auf die neben der Straße stehenden Elefanten. Beide haben reichlich zu tun.
Die Nata Lodge bietet ihren Gästen ein kleines Schmankerl. Neben der Bar liegen auf einem Holzbrettchen ein paar Früchte, mit denen Nachtäffchen angelockt werden. Possierliche kleine Knäuel mit riesigen Augen, die sich hier ihr Abendessen holen. Sie schreien wie kleine Babies, deshalb heißen sie hier auch Bushbabies.
Mittwoch, 16.1.08 (Woodlands Stopover Lodge/Francistown): Unsere Autobatterien sind fix und fertig. Offensicht gleich alle beide. Sie schaffen es gerade soeben, den Anlasser ein paar mal durchzudrehen, dann muss der Motor anspringen. Für Kühlschrank und Licht bleibt da nichts mehr übrig. Wir werden also in Francistown, der größten Stadt hier in der Gegend, versuchen, neue zu bekommen.
Und tatsächlich werden wir gleich bei mehreren Händlern fündig. Seltsamerweise sind alles Inder, die scheinen hier das Geschäft unter Kontrolle zu haben. Die Preise sind ok, doch leider merken wir erst am Abend beim Einbauen, dass eine der beiden zu klein ist. Also morgen der zweite Versuch.
Die Nacht verbringen wir in einer hervorragenden Lodge, Woodlands Stopover, die zwar nur über eine lange miese Piste zu erreichen ist, doch dafür mit allem Luxus aufwartet. Rasen, blitzsaubere Sanitäranlagen, Swimmingpool und eine Katze, die unseren Bus gleich beschlagnahmt.
Hier werden wir ein paar Tage bleiben, sofern das Wetter nicht allzu mies wird.
Donnerstag, 17. bis Sonntag, 20. 1.08 (Woodlands Stopover Lodge/Francistown): Jetzt haben wir die richtigen Batterien drin und wieder genug Strom.
Meistens sind wir die einzigen Gäste, doch an einem Abend trifft noch ein weiteres Pärchen ein. Nachdem wir ins Gespräch gekommen sind, stellt sich heraus, dass sie aus dem nahegelegenen Zimbabwe kommen und Eva, Anettes Verwandte in Harare, gut kennen. Die Welt ist klein.
Montag, 21.1.08 (Khama Rhino Sanctuary/Serowe): Genug der Entspannung. Wir wollen mal wieder Tiere sehen. Und zwar im Khama Nashorn-Schutzgebiet. Die gut 200 km sind schnell heruntergespult. Das Camp in dem Reservat ist als das schönste in Botswana beschrieben. Na ja, es ist ganz ordentlich, aber sicher kein Superlativ.
Dienstag, 22.1.08 (Kwa Nokeng Lodge/Martin’s Drift): Auf der morgendlichen Rundfahrt durch das Reservat sehen wir allerhand Tierchen und es ist auch eine ganz attraktive Land-schaft. Schließlich finden wir auch drei der rund dreißig Nashörner des Reservats. Stattlich Burschen, die allerdings bald im dichten Buschwerk verschwinden.
Die Weiterfahrt an die Grenze nach Südafrika ist eher langweilig, doch immerhin guter Asphalt.
Direkt am Grenzfluss liegt die Kwa Nokeng Lodge. Wir sind zwar die einzigen Gäste, doch außer uns haben sich hier eine Menge bunter Vögel niedergelassen. Mit Feldstecher und Büchern bewaffnet, können wir etliche selten gesehene identifizieren.
Mittwoch, 23.1.08 (Bundle Camp/Marakele Nationalpark, Südafrika): Der Grenzübergang nach Südafrika. Normalerweise kein Problem, doch hier meinen zwei Fahrer von schweren Sattelschleppern, gleichzeitig über die Grenzbrücke fahren zu müssen. Die Brücke ist einspurig.
Alles steht, keiner kann sich mehr bewegen und keiner gibt nach. Leider klemmen wir dazwischen. Nach einer halben Stunde kommt Bewegung auf und wir huschen durch eine Lücke raus aus dem Getümmel und sind ein paar Minuten später durch die Grenzabfertigung.
Drei Stunden weiter liegt der Marakele Nationalpark. Laut Beschreibung soll er sehr bergig sein, mehr wissen wir nicht.
Es regnet immer wieder mal, doch auf Asphalt juckt uns das nicht. Erst als wir runter müssen, um entlang einer kleinen Piste irgendwo den Eingang in den Nationalpark zu finden, wird es ungemütlich. Die Strecke wird immer schlammiger und der Bus schlingert zwischen den Spuren hin und her. Lenken kann man das nicht mehr nennen. Ein Geländewagen, der hinter uns fährt, bleibt vor jedem Matschloch erst einmal stehen und schaut, ob wir durchkommen. Wir kommen! Ein anderer gibt so viel Gas, dass er laut krachend aufschlägt, doch das scheint den Fahrer nicht zu stören.
Außerdem ist von einem Nationalpark weit und breit nichts zu sehen, nur ein stabiler Elektrozaun. Kein Eingang, kein Hinweisschild.
Als wieder Asphalt beginnt, haben wir den Marakele Nationalpark längst als Hirngespinst abgetan und beschlossen, Richtung Krugerpark weiter zu fahren. Doch plötzlich stehen wir vor einem Eingang. Es gibt ihn also doch! Alles macht einen sehr ordentlichen Eindruck. Wir hatten den Fehler gemacht, ihn von der Rückseite her anfahren zu wollen.
Die Damen am Eingang erzählen uns ganz stolz von den vielen Tieren, die sie hier haben, und dass man auf einer kleinen asphaltierten Straße bis fast auf den Gipfel des Gebirges fahren könne, auf gut 2000 m Höhe. Mit einem gigantischen Ausblick in die einen Kilometer tiefer gelegene Ebene. Und ein schönes Camp hätten sie auch.
Schon auf den ersten Metern rennen uns ziemlich viele Tiere über den Weg, nichts Spektakuläres, aber trotzdem sehr schön anzuschauen. Antilopen, Erdhörnchen, Giraffen, Zebras, Affen.
Der Weg auf den Gipfel ist zwar nur 25 km lang und tatsächlich asphaltiert, doch wir brauchen fast eineinhalb Stunden. Über weite Strecken geht es sehr mühsam im ersten Gang, oft durch Furten und an Wasserfällen vorbei und leider am Ende auch dick in den Wolken. Wir hatten auf ein paar blaue Löcher gehofft, doch da war nichts Blaues. Also kein Blick von oben auf Afrika. Stattdessen verfahren wir uns auch noch und landen in einer sehr steil nach unten führenden Sackgasse. Das Drehen des Autos geht so gerade eben, doch der Hang ist ohne Anlauf zu steil. Wir bräuchten einen nullkommafünften Gang. Als Ersatz muss eine schleifende Kupplung herhalten, die sich am Ende mit deutlichen Rauchzeichen beschwert. Doch sie hält durch, auch wenn es ziemlich weh getan hat.
Bergab qualmen dann zur Abwechslung die Bremsbeläge, trotz kleinstem Gang und jaulendem Motor.
Auf der Rückfahrt ins Camp passieren wir noch eine Besonderheit. Da der Park von der Schlammpiste, die wir heute Mittag genießen durften, in zwei Teile zerschnitten wird, gibt es ein automatisches Tor, das auf Knopfdruck den Weg durch eine Unterführung in den anderen Teil freigibt. Damit kann man die gefährlicheren Tiere von der Seite, in der das Camp liegt, fern halten, denn Elefanten, Löwen und Leoparden wissen nicht, wozu dieses komische Knöpfchen an der Piste gut ist ...
Das Camp ist außergewöhnlich gut in Schuss. Sehr sauber, wunderschön gelegen mit Blick über eine Ebene voller Tiere, kein Zaun drum herum (dank Knöpfchen auch nicht nötig!). Gnus, Zebras und Sträuße laufen fressend quer durchs Camp, Hornvögel und Glanzstare gucken neugierig ins Auto.
Donnerstag, 24.1.08 (Lantana Lodge/Phalaborwa): Am Morgen drehen wir noch eine Runde durch den Park, dann ist’s genug. Tiefhängende Wolken und immer wieder Regen. Wir hauen ab. Glücklicherweise können wir die Schlammpiste von gestern umgehen, stattdessen spült uns der Regen den Matsch vom Auto.
Als wir mit leerem Tank liegen bleiben (wir haben ja 60 Liter in Kanistern dabei!), kommen wir mit einem Farmer, der uns helfen wollte, ins Gespräch. Er lädt uns ein, wenn wir wieder mal in der Gegend sind, bei ihm auf der Farm zu übernachten, er hätte Leoparden und etliches anderes Getier auf seinem Gelände. Doch jetzt wollen wir erst einmal raus aus dem miesen Wetter.
Die Straße führt durch beeindruckende Berge, wir kommen uns vor wie in Arizona. Nur grüner. Erstaunlicherweise ist diese Gegend in den Reiseführern gar nicht erwähnt, sie dürfte vor allem für Bergwanderer und Kletterer interessant sein. Doch vielleicht gibt’s hier zu viele Leoparden.
Zum Abend kommen wir an Polokwane vorbei, dem früheren Pietersburg, der größten Stadt dieser Region. Sie hat, wie viele andere Städte auch, ihren alten Burennamen eingebüßt. Das ist ein Teil der Rechnung für die besonders von den Buren betriebene Apartheidpolitik. Jetzt haben ihre Städte so niedliche Namen wie Modimolle oder Bela Bela.
Am Stadtrand sehen wir eine riesige Baustelle, hier wird eines der Stadien für die Fußballweltmeisterschaft 2010 gebaut. Viel ist zwar noch nicht zu sehen, doch die Bauwerke dürften das kleinere Problem sein. Die Kriminalität und die ständigen Stromausfälle machen den Südafrikanern viel mehr Sorgen.
An sich wollten wir uns gleich hinter Polokwane eine Lodge zum Übernachten suchen. Doch es gibt keine. Stattdessen fahren wir durch einen nicht enden wollenden Siedlungsbrei entlang einer vierspurigen Ausfallstraße. Eine schwarze Wohnstadt nach der nächsten. Trotz Abschaffung der Apartheid lebt man hier weiterhin getrennt. Doch immerhin sind es keine Slums aus Wellblech und Pappe mehr, sondern meist ganz ordentliche Steinhäuschen auf kleinen Parzellen.
Es ist schon lange dunkel, wir quälen uns auf schmalen Sträßchen durch ein Gebirge und haben es aufgegeben, hier noch eine vernünftige Lodge zu finden. Stattdessen werden wir uns wohl vor den Eingang des Kruger Nationalparks stellen müssen.
Doch Irrtum. Drei Kilometer vor dem Park finden wir noch ein Plätzchen, zwar mitten in der Stadt Phalaborwa, aber sauber und ordentlich. Und sicher. Nach über 500 km reicht es uns auch.
Freitag, 25.1.08 (Letaba Camp/Kruger Nationalpark): Phalaborwa hat nicht nur eine Zufahrt zum Nationalpark, sondern hat auch eines der größten von Menschen gebuddelten Löcher der Erde. Eine alte Kupfermine, auf deren gut 100 m hohen Abraumberg man mit dem Auto hinauffahren kann, um von oben in das riesige Loch zu schauen. Die Mine wird inzwischen nur noch unterirdisch betrieben und die offene Grube ist aufgegeben, doch sie ist nach wie vor beeindruckend. Ebenso wie die riesigen Trucks, die den Abraum wegtransportieren. Leider kommen wir nicht nah genug heran, doch allein an der Treppe, die zum Fahrerhaus hinaufführt, kann man erahnen, dass es dreistöckige Häuser auf Rädern sind.
Dann hat uns der Kruger Nationalpark wieder.
Da wir im letzten Jahr eine sogenannte Wild Card gekauft haben, brauchen wir in den meisten Nationalparks Südafrikas keinen Eintritt zu bezahlen. Normalerweise sind für uns beide rund 27 Euro pro Tag fällig, nicht gerade ein Schnäppchen, aber trotzdem jeden Cent wert.
Die Landschaft ist, wie nach dem Regen zu erwarten, pickegrün. Das Gras ist so hoch, dass man von vielen Antilopen nur noch die Köpfe sieht. Kleine Tiere bleiben unsichtbar. Doch Elefanten gibt es reichlich. Sie stehen friedlich direkt neben der Straße und lassen sich von den Autos nicht beim Fressen(Bild24) stören. Auch wenn wir es schon viele Male erlebt haben, es ist immer wieder aufregend, neben so einem Sechstonner zu stehen. Wobei wir meistens 10 m Respektsabstand lassen, denn die Jungs haben auch mal schlechte Laune und da kommt so eine gelbe Blechdose wie unsere gerade recht, um mal einen Zahn hineinzustecken. Wenn sie zudem noch Kinderchen haben, dann bleibt man besser auf Distanz. Doch von einigen Ausnahmen abgesehen, herrscht zwischen den Grauen und den Autos eine friedliche Koexistenz.
Eine dieser Ausnahmen läuft uns später über den Weg. Er macht sofort Krawall, wedelt mit den Ohren und kommt auf uns zu gerannt. Noch sind das alles Scheinangriffe, doch wir ziehen unseren Rückwärtsgang vor und warten aus sicherere Entfernung, bis er von der Straße runter ist.
Am Abend stellen wir uns direkt an des Zaun des Camps in Letaba. Er besteht aus daumendicken Stahlseilen gegen die Elefanten und zusätzlichen elektrischen Drähten. Ernsthaften Versuchen der Elefanten hält er sicher nicht stand, doch zur Zeit ist das Futter- und Wasserangebot draußen üppig genug.
Für Hyänen sieht das etwas anders aus. Grünfutter ist ihnen ein Gräuel und verdurstende Tiere gibt’s zur Zeit auch nicht. Zudem können sie wegen des hohen Grases nicht weit sehen. Also patrouillieren sie am Zaun des Camps entlang in der Hoffnung, dass sie vom abendlichen Grill etwas abbekommen. Leider gibt es immer wieder Besucher, die diese Hoffnung erfüllen, obwohl das aus gutem Grund strafbar ist. Wenn die Tiere oft genug Erfolg haben, verlieren sie die Scheu vor dem Menschen, werden aggressiv und müssen erschossen werden. You feed them, we shoot them. Allein die Tatsache, dass sie den Arm eines Menschen ganz locker durchbeißen können, illustriert das Risiko. Sie sind ja nicht nur Aasfresser, sondern auch Jäger.
Trotz des wenig appetitlichen Images von Hyänen, wir mögen sie. Und retten ihr Leben, indem wir unsere Steaks selber essen.
Samstag, 26.1.08 (Balule Camp/Kruger Nationalpark): Es ist ziemlich bewölkt, doch die Wolken halten wenigstens dicht. Auch die Tiere halten sich zurück. Das Aufregendste: Anette rettet eine kleine Schildkröte von der Straße, gegen deren ausdrücklich geäußerten Willen.
Abends wollen wir in einem kleinen Camp unmittelbar am Olifantsrivier, dem Elefantenfluss, übernachten. Normalerweise ist er keine zehn Meter breit, doch es hat im Oberlauf geregnet und er bringt es heute locker auf 500 m. Eine dunkelbraune Brühe voller Baumstämme und Gestrüpp, wie sie nur alle 50 Jahre vorkommt. Anstatt über die normale Furt ins Camp zu gelangen, müssen wir 20 km Umweg über eine Brücke machen. Auf der darf man sogar aussteigen, weil man auf der Brücke vor unangenehmen Tieren sicher ist, und kann der Flut zuschauen.
Im Camp läuft das gleiche Spiel wie im letzten. Lagerfeuer, Elefantenzaun, hungrige Hyäne. Diesmal sogar gleich mehrere, die regelmäßig ihre Runden drehen.
Sonntag, 27.1.08 (Satara Camp/Kruger Nationalpark): Der Tag fängt früh und furios an. Kurz nach Sonnenaufgang sind wir schon aus dem Camp und ein paar Kilometer weiter laufen uns drei Löwen vors Auto. So eine Art Junggesellenverein. Sie lassen sich von uns nicht im Geringsten stören.
Wenig später schon wieder ein Löwe. Er läuft direkt am Auto vorbei und würdigt uns keines Blickes. Hier ist ganz schön was los.
Auf der Weiterfahrt kommen wir über einen Straßenabschnitt, der von einer Büffelherde gekreuzt worden ist. Der Straßenbelag ist weich und braun, doch wozu hat man “Kot”-Flügel?
Am Abend kommen wir als letzte im Satara Camp an. Hinter uns wird das Tor zugemacht und die Tiere haben ihre Ruhe.
Auch hier bleiben die Hyänen hungrig.
Montag, 28.1.08 (Satara Camp/Kruger Nationalpark): Wir wollen heute nicht herumfahren, nur ein bisschen am Abend. Die Augen brauchen auch mal Ruhe.
Dienstag, 29.1.08 (Skukuza Camp/Kruger Nationalpark): Weiter ins Hauptcamp des Kruger Nationalparks. Skukuza ist eine richtige kleine Stadt mit Bank, Post, Tankstelle, Shops, Restaurants und vielen Möglichkeiten zum Übernachten.
Kurz nach 6 Uhr sind wir auf der Piste. Es ist zum ersten Mal seit langem knallblauer Himmel, vielleicht geht es heute ohne Regen ab.
Wir haben nicht sehr viel Glück mit den Tieren. Es ist einfach zu grün, man sieht sie kaum. Gut, dass Elefanten so groß sind. Außerdem haben wir in den letzten Tagen genug gesehen.
Das abendliche Spiel mit der Hyäne bekommt eine neue Variante. Frieda, wir haben ihr einen Namen gegeben, legt sich unmittelbar vor uns ins Gras. So, als wolle sie sagen “Ich kann warten”. Ab und zu guckt sie uns mit treuen Hundeaugen an, doch ihre Chancen sind und bleiben gleich Null.
Mittwoch, 30.1.08 (Skukuza Camp/Kruger Nationalpark): Wir stehen erst weit nach 9 Uhr auf und werden uns heute nur minimal bewegen. Und das Auto schon gar nicht.
Leider kommt Frieda heute nicht vorbei, sie ist wohl noch sauer, weil es gestern nichts gegeben hat.
Donnerstag, 31.1.08 (Skukuza Camp/Kruger Nationalpark): Anette ist wahnsinnig! Sie bucht für heute früh zwei Plätze auf einem sog. Morning-Drive, einer geführten 3-Stunden-Tour im offenen Geländewagen. Das heißt für uns: 3:20 wecken. Drei-uhr-zwan-zig! Um 4 Uhr geht es im Dunkeln los, die ersten eineinhalb Stunden mit Handscheinwerfern bewaffnet, dann geht die Sonne auf.
Es ist ganz schön kalt, gerade über zwanzig Grad. Die meisten Tiere schlafen (was um diese Uhrzeit auch angemessen ist) oder erledigen ihre Morgentoilette. So wie das Nashorn, das zwei riesige stinkende Haufen auf den Asphalt setzt.
Als wir in eine Elefantenherde mit vielen Kleinen geraten, stört das unseren Fahrer überhaupt nicht. Die Kühe trompeten laut und kommen immer wieder wütend auf das Auto zu gerannt, doch er lässt nur kurz den Motor aufheulen und ruckelt ein wenig vor und zurück. Und tatsächlich geben die Elefanten nach und machen widerwillig Platz. Mit unserem eigenen Auto hätten wir schon lange das Weite gesucht, doch die Profis wissen genau, wann aus den Scheinangriffen ernst wird. Außerdem müssen sie den Gästen ja auch etwas bieten und ein wütend trompetender Elefant in 10 m Entfernung bleibt ganz sicher in Erinnerung.
Später nach Sonnenaufgang laufen uns noch drei Afrikanische Wildhunde über den Weg. Es gibt im ganzen Krugerpark nur noch rund 200 davon und wir haben sie in den letzten 15 Jahren nur ein einziges Mal gesehen, ebenfalls im Krugerpark. Glück gehabt. Sehr viel Glück.
Wildhunde oder Hyänenhunde sind extrem soziale Tiere, selbst schwer verletzte Rudelmitglieder werden gemeinsam versorgt. Zugleich sind sie furchtbare Jäger. Sie erlegen im Rudel sogar große Antilopen, können sie aber nicht durch einen Biss oder Prankenhieb töten wie ein Löwe und fressen das Opfer quasi bei lebendigem Leibe auf, bis es an Blutverlust oder Schock stirbt.
Weil es heute Morgen so schön war, fahren wir heute Abend noch mal ‘raus. Und tatsächlich, plötzlich haben wir schon wieder drei Wildhunde neben dem Auto. Andere als heute Morgen, denn die letzten hatten zum Teil Sender um den Hals. Diese hier sind genau so wenig scheu.
Jahrelang keinen einzigen und dann an einem Tag gleich zweimal. Wenn das kein Glück ist.
Freitag, 1. bis Sonntag, 3.2.08 (Skukuza Camp/Kruger Nationalpark): Eigentlich wollten wir am Freitag weiter nach Swaziland. Das ist ein kleiner Staat gleich hier um die Ecke. Mal schauen, wie sich dort die Nationalparks entwickelt haben.
Doch wir bemerken rechtzeitig, dass das Wochenende droht und dass dann immer Heerscharen von Buren in die Nationalparks strömen. Nicht, dass wir grundsätzlich etwas gegen sie hätten, aber viele von ihnen benehmen sich immer noch so, als ob sie die Herren des Landes wären. Meist ziemlich laut und rücksichtslos und häufig unfreundlich. Uns hatte mal ein Bure erklärt, dass erst der weiße Mann kommt, dann die Tiere und dann der Schwarze. Das wäre von Gott oder wem auch immer so vorgegeben. Ganz so krass sieht das hoffentlich die Mehrheit der Buren heute nicht mehr, aber eine deutliche Geringschätzung von Schwarzen ist immer noch unverkennbar.
Wir sind jedenfalls froh, einen der schönsten Plätze im Camp zu haben, werden ihn auch nicht räumen und freuen uns jeden Abend auf den Besuch von Frieda und Fritz. Fritz ist der Kumpel von Frieda, ein wenig kleiner und vermutlich das Männchen, denn bei Hyänen sind die Mädels größer als die Jungs.
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