Donnerstag, 12.4.07 (Alte Brücke Resort, Swakopmund): Früh ‘raus, früh im Hafen gewesen und aufs Schiff gegangen. Diesmal nicht die QE2, sondern ein kleines Motorboot mit läppischen 200 PS. Nur vier Mal so viel wie unser Bus. Dafür geht das Ding auch ab wie’n Zäpfchen, der Skipper warnt uns jedes Mal, bevor er Gas gibt.
Plötzlich sind Seehunde neben dem Boot. Und gleich darauf auch drin. Für einen Fisch machen sie (fast) alles, setzen sich mit ihren triefenden 150 kg auch bei Anette auf den Schoß. Doch wie kriegt man sie wieder raus aus dem Boot? Ganz einfach: Fisch vor die Nase halten, weit weg ins Wasser werfen und im richtigen Augenblick Vollgas, deshalb die 200 PS. Die Viecher sind rasend schnell, so dass das mit dem Abhauen nicht immer erfolgreich ist.
Ein paar Kilometer entfernt steht ein seltsames riesiges Gestell im Wasser. Eine öffentliche Toilette für Seevögel. Vor vielen Jahren kam ein Deutscher auf die Idee, Guano produzieren zu lassen. Ein oder zweimal im Jahr wird abgeerntet mit Millionengewinnen. Non olet. Zwar stinkt das Geld nicht, aber der Guano um so mehr.
Zum Abschluss gibt’s noch ein edles Picknick zwischen den Seehunden. Mit Sekt und Austern und Tischdecke und Serviette und Brötchen. Die schlüpfrigen Sch... schenken wir uns, der Rest ist hervorragend.
Heute werden wir ins 30 Kilometer entfernte Swakopmund umsiedeln, da kennen wir uns ja schon bestens aus. Dieses Mal wollen wir weder einen Kühlschrankkompressor auseinander pflücken, noch die Solarzelle vor die Räder legen, sondern uns um die eher niederen Dinge kümmern. Wäsche waschen, neue Reifen kaufen, Essen gehen. Und Anette wird “shoppen”, hier gibt’s ja endlich wieder richtige Geschäfte.
Freitag, 13.4.07 (Alte Brücke Resort, Swakopmund): Gesagt, getan. Wir haben vier fette neue Reifen und sind dabei gleich auf etwas breitere und vor allem stabilere umgestiegen. Shoppen war auch erfolgreich, Wäsche waschen ebenfalls. Selbst das Essen im “Western Saloon” war bestens. Ok, klingt nicht sehr afrikanisch. War aber auch nicht Wildwest, sondern “gutbürgerlich”.
In der hiesigen Zeitung lesen wir zufällig etwas über ein Konzert einer deutschen Musikgruppe: die Biermösl Blosn. Wie, die waren hier? Wir vermuten zunächst, dass das nicht die echten gewesen sein können, doch dann sehen wir Fotos. Sie waren’s wirklich! Es ist unglaublich, in München werden Karten zu ihren Konzerten fast nur auf dem Schwarzmarkt gehandelt und hier sind sie direkt neben unserer Lodge aufgetreten, wir hätten nur rübergehen brauchen! Jo mei, das wäre ’ne Gaudi gewesen, ‘ne afrikanische..
Um einem falschen Eindruck vorzubeugen: nein, wir sind nicht zu Schuhplattler und Blasmusik konvertiert. Die Biermösl Blosn sind drei Brüder aus den Oberbayrischen, begnadete Musiker, die auf allem spielen, was Krach macht. Nebenbei sind sie wahrscheinlich Stoibers und der CSU Alptraum, denn ihre Texte sind gnadenlos (sofern wir sie verstehen). Vielleicht haben sie ja Auftrittsverbot in Bayern, deshalb die Flucht nach Namibia.
Anmerkung: sie haben kein Auftrittsverbot, Anette hat sie nach unserer Rückkehr angerufen und ihnen die Kritik aus der namibianischen Zeitung geschickt. Daraufhin hatten wir die Chance, zwei Karten für ihr Konzert in der Münchener Residenz zu bekommen. Pfundig, gell?
Heute ist Freitag, der Dreizehnte. Sooo schlecht war der Tag gar nicht.
Samstag, 14.4.07 (Alte Brücke Resort, Swakopmund): Man kann auch zwei Tage lang shoppen gehen. Hier sind die Geschäfte ja auch am Wochenende geöffnet.
Da sich das Fischrestaurant, was man uns wärmsten empfohlen hatte, verweigert (es haben wohl auch andere den Tipp bekommen), landen wir zum Abendessen im Europahof. Ohne Empfehlung wären wir da wahrscheinlich nicht hineingegangen. Sehr deutsch, auf Fachwerkoptik gequält, ein Touristenbus vor der Tür. Doch innen ist es wirklich gemütlich. Sehr gutes Essen, nette Bedienung und nicht nur Touristen, sondern auch etliche Einheimische. Auch Schwarze scheinen die deutsche Küche zu mögen, besonders Schweinshaxen und Eisbein, wie die Bedienung amüsiert bemerkt.
Sonntag, 15.4.07 (Homeb, Namib-Naukluft-Nationalpark): Auf zur letzten Etappe! Heute abend wollen wir im Namib-Naukluft-Nationalpark übernachten und morgen weiter zu den Monsterdünen von Sossusvlei. Am Mittwochabend sollten wir spätestens in Windhoek sein.
Auf der Karte entdecken wir eine kleine Nebenpiste in den Park. Mitten durch den Sand. Nichts Spektakuläres, aber endlich mal wieder richtiges Wüstenfeeling. Und dank Wellblech sind wir auch nur in Sightseeing-Geschwindigkeit unterwegs.
Nach ein paar Stunden sind wir nicht mehr sicher, auf der richtigen Piste zu sein, doch am Ende landen wir da, wo wir hinwollen: im Flusstal des Kuiseb, am Rande der großen Dünen. Fluss heißt hier wie überall in Namibia: es könnte Wasser fließen, rein theoretisch, was im letzten Jahr wohl auch der Fall war. Doch im Untergrund gibt’s immer Wasser, wie die Bäume zeigen. Weiter in Richtung Küste liefert der Kuiseb das Trinkwasser für Walvis Bay und Swakopmund.
Heute hatten wir endlich mal wieder ein richtiges Lagerfeuer. Nicht, wie in den Camps üblich, in einer alten LKW-Felge oder auf einer gemauerten Feuerstelle, sondern im Sand. An trockenem Holz herrscht hier im Flusstal kein Mangel.
Im Dunkeln irrlichtern plötzlich mehrere Taschenlampen durch den Sand. Wir dachten bisher, wir wären hier alleine, doch an den Stimmen merken wir, dass irgendwo im Busch noch eine kleine Gruppe französischer Touristen übernachtet. Vielleicht haben sie nur ein ruhiges Plätzchen für einen Spatengang gesucht.
Montag, 16.4.07 (Sesriem): Auch wenn sich Anettes Begeisterung in Grenzen hält, die Dünen müssen einfach bestiegen werden. Kann ja nur ein paar Minuten dauern.
Mit dem Verschätzen haben wir ja genügend Erfahrungen, so auch dieses Mal. Es dauert dann doch eine gute Stunde, ehe wir oben sind. Von der Hitze komplett geschafft. Wer es hinter sich hat, kann auch wieder lachen.
Weiter nach Sossusvlei. Die Pistenkosmetiker haben in der letzten Woche wirklich ganze Arbeit geleistet. Autobahn, wo wir auf dem Hinweg noch wie die Rohrspatzen geschimpft haben. So macht Sand richtig Spaß.
Bei einbrechender Dunkelheit treffen wir auf dem Sossusvlei-Campground ein und irren eine halbe Stunde umher, um unseren Platz Nr. 16 zu finden. Nach viel Rumfragerei haben wir ihn schließlich. Ziemlich abgelegen, mitten im Sand unter einem Schattenbaum, sogar mit eigener Wasserleitung und mehreren Mülltonnen (Mülltrennung!). Alle schakalsicher. Was will man mehr.
Da der Swimmingpool leider schon geschlossen hat (auch so etwas gibt’s hier!) und die Duschen ziemlich weit entfernt sind, funktionieren wir den Wasserhahn zur eigenen Dusche um. Schlauch und Brausekopf haben wir ja dabei.
Es gibt nichts Schrecklicheres, als bei 30°C im Freien zu duschen!!!
Das Wasser verdunstet derart schnell, dass man sofort vor Kälte zittert. So schnell ist Anette noch nie fertig geworden. Ihr Pech, dass sie sich vorgedrängelt hat, denn später kommt plötzlich warmes Wasser aus der Leitung, von der Sonne angenehm vorgeheizt. Ein Vergnügen ist’s trotzdem nicht. Aber wat mut, dat mut.
Da es hier kein elektrisches Licht gibt, genießen wir einen Sternenhimmel vom Allerfeinsten. Die Nacht ist stockdunkel. Ein paar Schakale kommen zu Besuch und versuchen sich vergeblich an den müllgetrennten Tonnen. Unsere Reste vom Grill landen aus Sicherheitsgründen im Feuer.
Und gefällt es hier, obwohl wir von anderen Reisenden viel Negatives über dieses Camp gehört haben.
Dienstag, 17.4.07 (Betesda Lodge): Noch vor 9 Uhr sind wir auf der Asphaltstraße (jawohl, Asphalt) zu den Dünen von Sossusvlei. Eine Stunde später stehen wir auf der berühmten 45, gut 150 m hoch. Wie sie aus vier Kilometern Höhe aussieht, wissen wir dank Google Earth, doch in Wirklichkeit ist sie viel imposanter. Und anstrengender.
15 Kilometer weiter ist für Nicht-Allradler Feierabend. Ab hier geht es nur noch mit Geländegang weiter. Für zehn Euro werden wir mit einem “Taxi” bis zum eigentlichen Sossusvlei gefahren, dem Ende des Tales. Ein Vlei ist eine abflusslose Senke, von hier kann das Wasser nur noch unter dem Sand weiter zur Küste. Letztes Jahr hat es hier für mehrere Monate knietief gestanden, jetzt ist nur ein staubiger Kessel übrig geblieben. Den besten Überblick hat man von der “Big Mama Düne”, schlappe 180 m hoch, trotzdem recht angenehm zu besteigen.
Als wir zu unserem Bus zurückkommen, haben ihn zwei Schildraben als Guanoplattform benutzt. Wir wissen nicht, was die beiden geges-sen haben, aber es kann nichts Gutes gewesen sein. Sch... Auto.
Abends steigen wir 100 Kilometer weiter in der Betesda-Lodge ab. Sehr gutes Restaurant und sehr nette Campnachbarn, mit denen wir einen langen Abend bei ziemlich viel Rotwein verbringen.
Das war noch mal ein schöner Abschluss, denn morgen fängt der Ernst des Lebens wieder an. Auto fertig machen, packen, Abflug.
Mittwoch, 18.4.07 (Arebbusch Lodge, Windhoek): Noch 300 Kilometer bis Windhoek. Meistens auf hervorragenden Pisten, die letzten 100 Kilometer sogar Asphalt.
Um vier Uhr sind wir durch, werden bei der obligatorischen Straßensperre am Stadtrand von Windhoek freundlich weitergewunken und melden uns bei Anettes Verwandten zurück. Großes Hallo, zumal dann auch noch Elke als Überraschungsgast vorbeikommt, eine ehemalige Nachbarin, die heute bei Pretoria lebt. Es gab ziemlich viel zu erzählen.
Donnerstag, 19.4.07 (Arebbusch Lodge, Windhoek): Auspacken. Aussortieren, was mit muss und was im Bus bleibt. Reifen flicken lassen. Rückflug klären. Taxitransport zum Flughafen arrangieren. Die letzten Reste einkaufen. Defekte Teile aus dem Auto ausbauen. Uns wird nicht langweilig.
Zur Belohnung gehen wir mit Anettes Tante und Onkel noch einmal ins Nice, vermutlich Windhoeks und damit Namibias bestes Restaurant. Es ist wieder äußerst lecker und vergnüglich. Der Chef heißt übrigens Herrgott. Wer darf schon beim Herrgott speisen?
Freitag, 20.4.07 (Arebbusch Lodge, Windhoek): Endspurt. Nach einem mehrstündigen Missverständnis - Anette sollte nach dem Einkaufen zum Container kommen, ist aber gleich zur Lodge gefahren - und ziemlicher Säuerlichkeit bei einem anderen Beteiligten, steht der Wagen schließlich im Container. Gut verzurrt, man weiß ja nie, ob der Container nicht umgesetzt wird, und ohne all’ die Teile, die in Deutschland auf Vordermann gebracht werden müssen. Tür zu, Schlösser dran und ab ins Taxi zur Lodge. Dort haben wir seit heute morgen ein Chalet, in dem das Chaos regiert. Überall liegen Klamotten rum, die heute noch zu gepackten Koffern komprimiert werden müssen.
Weit nach Mitternacht ist’s endlich geschafft. Gewichtsmäßig liegen wir mit 120 kg an der Schmerzgrenze, doch die LTU ist da glücklicherweise nicht so pingelig.
Samstag, 21.4.07 (eigenes Bett, München): 4:30 Uhr wecken. Vieruhrdreißig!
Das Taxi ist extrem pünktlich. Ein richtig luxuriöser VW-Bus mit ordentlich Dampf unter der Haube. Ebenfalls im Bus sind die Fluglotsen und der Wettermensch. Es kann also nichts passieren, die Maschine kommt ohne uns nicht raus.
Einchecken dauert ewig. Es ist uns schleierhaft, warum das immer so langsam geht. Könnte man nicht ein paar mehr Schalter öffnen?
Unerfreulich ist die Sache mit der Steuerrückerstattung für die ausgeführten Waren. Man kontrolliert zwar alle Rechnungen und akzeptiert sie, doch als es ans Auszahlen geht, heißt es nur “Sorry, too late” und der Schalter wird vor unseren Augen geschlossen. Sind deshalb die Schlangen beim Check-In so lang? Guter Trick, da kann unser Finanzminister noch was lernen. Wir betrachten die 120 Euro als unfreiwillige Entwicklungshilfe. Grrr.
Nach gut neuen Stunden landen wir in München. Fast auf die Minute pünktlich. Robert wartet schon. Er hat seinen “Laster” mit, der problemlos unser Gepäck schluckt.
Am Ende der Tagesschau stehen wir in der ziemlich fremden Wohnung, ringsum Massen an Koffern und Taschen und bei Marlies Massen an unerledigter Post. Das normale Leben hat uns wieder. Schade eigentlich, aber auch irgendwie schön.
Resümee
Das war das zwölfte Mal, das wir im südlichen Afrika waren, aber zum ersten mal drei Monate im Stück. Anette war es ein bisschen zu lang, Wolfgang ein bisschen zu kurz. Passt also.
Wir sind knapp 9000 Kilometer gefahren, davon 5000 auf meistens guten Pisten. Macht im Schnitt hundert am Tag oder zwei Stunden. Passt auch.
In den ersten Wochen mussten wir viel am Auto machen, doch das war nach so vielen Jahren einfach mal nötig. Unterwegs gab’s drei größere Schäden: Kühlschrankkompressor, Solarzelle, Tachowelle. Alles eher Luxusprobleme, es wäre auch ohne die Übeltäter gegangen. Zudem fand sich immer eine gute Lösung. Außerdem hatten wir noch sechs Reifenpannen, auch das ist ok. Drei Reserveräder waren mehr als genug. Doch wir wollten ja bei der Abreise eigentlich in ganz andere Länder.
Anfangs hatten wir nach dem Einbruch und dem Überfall auf unsere jeweiligen Campnachbarn ein mulmiges Gefühl, doch in den folgenden zwei Monaten ist nichts weiter dazugekommen. Aber wir werden aufmerksam bleiben.
Während die meisten, die wir unterwegs trafen, schon am nächsten Tag weiter mussten, haben wir uns den Luxus leisten dürfen, auch mal längere Zeit an einem Ort zu bleiben. Daran kann man sich gewöhnen, sehr sogar. Wir haben noch nie so häufig an Swimmingpools gefaulenzt wie in diesem Jahr. Keine Ahnung, warum wir das früher nicht gemacht haben.
Weil wir mehr Zeit hatten, haben wir auch deutlich mehr Leute (die ebenfalls Zeit hatten) kennen gelernt. Vielleicht ergibt sich daraus ja der eine oder andere Kontakt zu Hause.
Das Wildleben war dieses Jahr nicht so üppig wie sonst. Auch wenn der Etosha-Nationalpark wieder mal seinen guten Ruf bestätigt hat (trotz der vielen Bauarbeiten), so hat Kgalagadi tatzen- und mähnenmäßig eher versagt. Vielleicht nächstes Mal wieder.
Auch das Wetter hat mitgespielt, am Tage angenehme 30° bis 35°, morgens um die 20°. Das sind für uns genau die richtigen Betriebstemperaturen, denn unter 25° haben wir ein warmes Jäckchen gebraucht.
Trotz Regenzeit gab’s nur wenig Wasser aufs Dach. Schön für uns, schade für Namibia. Unsere Scheibenwischergummis sind jetzt 15 Jahre drin, doch nächstes Jahr brauchen wir neue. Wegen Überalterung, nicht wegen Verschleiß.
Resümee des Resümees. Schee woas.
Ende des Jahres gibt’s eine Neuauflage. Dann müssen wir eine größere Runde drehen und raus nach Zambia oder Mocambique, denn unsere Gnadenfrist beim Zoll endet im Dezember.
Bis dann
Anette und Wolfgang
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