Tagebuch 4

Liebe Freunde,

so ganz allmählich nähern wir uns wieder unserem Ausgangsort. In den letzten zwei Wochen haben wir ziemlich viele Kilometer gemacht, doch was tut man nicht alles, wenn die Queen kommt.

Ansonsten geht es uns königlich, dem Auto auch, und wir sind dabei, uns damit abzufinden, dass auch die längste Reise irgend wann mal zu Ende geht.

Da wir fast jeden Tag per Kurzwelle Nachrichten empfangen, sind wir auch über das deutsche Wetter informiert. Und das macht uns doch ziemlich nachdenklich. Denn an einigen Tagen war es in Deutschland wärmer als hier. Das gehört sich einfach nicht. Da bleibt ja der Neidfaktor auf der Strecke?


Neidvoll grüßen Euch ganz herzlich

Anette & Wolfgang

Tagebuch   30.3. bis 11.4.2007

Freitag, 30.3.07 (Molopo Lodge, Andriesvale, RSA):  Heute haben wir die neue Version unserer Website per Mail an Siemens geschickt, in der Hoffnung, dass es dort freundliche Menschen gibt, die sie für uns ins Internet stellen. Allein die Übertragung der Mail hat über eine Stunde gedauert. Hoffentlich ist bei Siemens nicht schon die Osterruhe ausgebrochen.

Im Laufe des Tages wird es immer voller auf dem Camp. Und lauter. Die Vorboten des Namib Rennens “Namib Run”, die morgen mit 1500 Motorrädern, Quads und Geländewagen hier durchrasen. Gestartet sind sie in Bloemfontein und haben ihr Ziel in Swakopmund. 2000 Kilometer in einer Woche. Man muss es halt mögen.

Überall auf dem Platz sieht man die Knatterkisten und alles, was sonst noch Lärm und Staub macht. Ein Südafrikaner kommt vorbei und entschuldigt sich im Voraus für den Krach, den sie heute Abend machen werden. Im Nachhinein war es aber nicht so schlimm, sie wollten wohl alle am nächsten Morgen rechtzeitig am Start sein. Nüchtern, denn bei dieser Hitze in voller Rennmontur durch die Kalahari rasen zu müssen, ist sicher nicht das wahre Vergnügen.

Von dem Südafrikaner bekommen wir noch einen guten Tipp: in Bloemfontein gäbe es einen Holländer, der alle Ersatzteile für VW-Busse hätte, speziell für unser Modell. Das muss man sich merken, denn man weiß ja nie.

Seit Tagen verlor einer unserer Reifen etwas Luft, so dass wir täglich ein bisschen nachpumpen mussten. Doch plötzlich kann er die Luft anhalten. Wie das genau funktioniert, ist uns schleierhaft. Selbstheilung?

Samstag, 31.3.07 (Mata Mata, Kgalagadi NP, RSA):  Sehr früh aufgebrochen, um nicht in den Renntrubel zu kommen. Außerdem wollen wir nicht zu spät im Kgalagadi Nationalpark sein, vielleicht sehen wir noch ein paar Tierchen.

Die Piste dorthin ist schon seit vielen Jahren im Bau. Im letzten Jahr war sie auf drei Kilometern asphaltiert, jetzt sind es immerhin schon achtzehn. Vielleicht erleben wir die Vollendung noch.

Halb neun sind wir am Eingang. Wir berappen 150 Euro für ein Jahresticket in die südafrikanischen Nationalparks, denn wir werden ja noch andere besuchen und der Tageseintritt kostet für uns je nach Attraktivität des Parks zwischen 15 und 25 Euro.

Zum Frühstuck haben wir ein paar Vögelchen, ein paar Echsen und ein paar Pfeifratten zu Gast, das war es dann auch. In der Vergangenheit kam erheblich mehr, obwohl es die gleiche Jahreszeit war. Außer den Tieren, die man hier immer sieht, ist uns heute noch nichts Aufregendes über den Weg gelaufen. Kommt vielleicht noch.

Das Camp in Mata Mata ist, obwohl ziemlich abgelegen, ganz schön voll. Wir sind hier unmittelbar an der namibianischen Grenze. Vor einigen Wochen waren wir keine 70 Kilometer von hier entfernt auf der anderen Seite des Zaunes, doch der Grenzübergang ist schon seit vielen Jahren zu. Allerdings soll er auch schon seit vielen Jahren wieder aufgemacht werden. Solche Dinge brauchen in Afrika Zeit. Viel Zeit. Das gilt auch für das hier installierte Telefon, was auch schon seit ein paar Jahren “under repair” ist.

Als unser Lagerfeuer brennt, sehen wir (hinterm Zaun!) einen Geparden. Leider ist er zu schnell, um ihn richtig beobachten zu können. Und kurz darauf sind auch noch zwei Hyänen da. Sollte sich der Nationalpark doch noch von seiner besseren Seite zeigen?

Später kommt ein Südafrikaner zu uns rüber. Zwar leicht angeschwipst, aber sehr nett. Er fragte uns, ob wir tatsächlich aus Germany kämen. Auf unser Ja drückt er uns eine Flasche Rotwein in die Hand. “Welcome in South Africa”. Selbstverständlich sollen wir ihn besuchen, wenn wir wieder mal in der Nähe Kapstadts sind.

Er steigt aus Altersgründen gerade aus seinem Unternehmen aus und will in Zukunft mehr herumreisen. So wie wir. Außerdem offenbart er uns, dass er sich in den schwarzen Nachbarstaaten Südafrikas inzwischen sicherer fühlt als in seinem schwarz-weißen Heimatland. Eine ziemlich bemerkenswerte Aussage für einen weißen Südafrikaner.

Sonntag, 1.4.07 (Twee Rivieren, Kgalagadi NP, RSA):  Wir sind kurz nach Sonnenaufgang die ersten, die das Camp verlassen. Die Pisten sind noch genauso schlecht wie gestern db_DSC00579a31und Tiere sind auch nicht unterwegs. Es ist nix los.

Nach zwei Stunden Sucherei geben wir auf und suchen uns ein Plätzchen zum Frühstücken. Wenigstens hier ist was los. Zahlreiche Frühstücksgäste, die meisten mit Federn. Wir zählen zehn verschiedene Vogelarten, alle ziemlich zutraulich. Es geht soweit, dass sie sich ihren Anteil an unserem Frühstück vom Tisch holen. Am Ende bleibt kein Krümel übrig.

db_DSC0059031db_DSC0058531Doch es kommen nicht nur Vögel, sondern auch etliche Erdhörnchen, Echsen (1, 2) und sogar ein paar Mangusten. Immerhin wissen wir jetzt, dass es im Park noch wilde Tiere gibt.

Beim Zähneputzen steckt sich Anette die Zahnbürste zu weit in den Hals und prompt lässt sie sich das Frühstück noch einmal durch den Kopf gehen. Warum macht man so etwas bloß?

Ach so, Reiher haben wir auch gesehen.

db_DSC0060631db_DSC00604a31Auf der Weiterfahrt hält ein entgegenkommender Geländewagen an. Es läge achteinhalb Kilometer entfernt (Schweizer sind sehr präzis!) ein alter fauler Löwe neben der Piste. Vollgas, soweit das bei dem Wellblech geht. Tatsächlich, er liegt immer noch dort und hat wohl auch nicht die Absicht, sich zu bewegen. Das Maximum ist ein kurzes Lupfen des Augenlids, dann regt sich nichts mehr.

Wir hätten ihn beim Vorbeifahren sicher übersehen.

Auch das Camp Twee Rivieren ist knallvoll, wie wir es noch nie erlebt haben. Osterferien in Südafrika! Doch Urlaub scheint ein rein weißes Vergnügen zu sein. Nicht ein einziger Schwarzer ist als Gast hier. Schwarze scheinen hier nur zum Arbeiten herzukommen.

Plötzlich hält neben uns ein Toyota mit Berliner Kennzeichen. Die Insassen stellen sich als Christine und Wolfgang vor, haben genauso viel Zeit wie wir, ihren Wagen nach Südafrika verschifft und wollen, ebenfalls wie wir, auf dem Landwege zurück. Zudem gesellt sich noch ein Pärchen deutscher Studenten aus Kapstadt dazu. Eine kleine deutsche Gemeinde zwischen all den Afrikaans sprechenden Nachbarn.

Die Nachmittagsfahrt hat zwei Höhepunkte. Zum einen überholen wir unser allererstes Auto in diesem Jahr! Und dann gleich einen Audi A6. Er war allerdings wegen der tiefen Rillen auf der Piste leicht gehandicapt. Ein ganz neues Gefühl, wenn andere mal unseren Staub schlucken müssen.

Und zum zweiten zeigt uns ein Südafrikaner einen Leoparden, der in der Dämmerung auf der Suche nach Essbarem war. Zwar zweihundert Meter entfernt und schlecht beleuchtet, aber immerhin. Rein statistisch hat der Nationalpark sein Soll erfüllt: alle drei großen Katzen und noch zwei Hyänen. Trotzdem war es letztes Mal beeindruckender. Vielleicht liegt’s auch daran, dass es durch die südafrikanischen Ferien erheblich voller als sonst ist. Tiere mögen keinen Trubel.

Seit Kurzem bieten sie im Kgalagadi Nationalpark auch Nachtfahrten an. Wir kennen das aus einigen anderen Parks und es war immer sehenswert.

Halb neun geht’s los. Auf der Ladefläche eines kleinen LKWs sind erhöhte Sitze montiert und der Fahrer hat einen dicken Scheinwerfer in der Hand. Da nachts außer uns niemand mehr in den Park darf, treffen wir hoffentlich auch ein paar Tiere auf der Piste. Doch nach knapp zwei Stunden und langsam heraufziehender Kälte ist sich der Park seiner diesjährigen Linie treu geblieben. Nur ein paar verschreckte Kleintiere, die wir mehr geahnt als gesehen haben. Ein Grund könnte sein, dass der Laster auf der Wellblechpiste erbärmlich geklappert hat. Nur schwerhörige Tiere hat das nicht in Panik versetzt.

Und wir wissen jetzt, dass unser Bus auf Wellblech bei weitem nicht die lauteste Klapperkiste ist. Ganz im Gegenteil, doch manchem Fahrer scheint das Scheppern nicht weh zu tun. Leihwagen?

Montag, 2.4.07 (Upington, RSA):  Heute haben wir keine Lust auf einen “Morningdrive”, lass’ doch die anderen mal keine Tiere sehen. Wir frühstücken in aller Ruhe, verabreden uns mit den Berlinern in Upington, wo wir heute Abend wegen der Tachowelle sein wollen, und geben dem Park dann doch noch eine letzte Chance, sich zu rehabilitieren.

Chance vertan. Obwohl wir uns noch auf über hundert Kilometern durchrütteln und einstauben lassen, sehen wir nichts mehr. Dieses Jahr ist die Kalahari nicht unsere.

Dann eben nach Upington. Wir düsen auf einem Feldweg entlang des Grenzzaunes, weil man da besser als auf der Hauptpiste fahren kann und sind nach einer Stunde endlich wieder auf Asphalt.db_DSC00640b31 Noch zweihundert Kilometer (fast) immer geradeaus.

Eine Stunde vor Upington steht ein denkwürdiges Verkehrsschild am Straßenrand. Geschwindigkeitsbeschränkung auf 250 km/h, selbst im PS-verrückten Deutschland gibt’s das nicht. Dass sich die südafrikanischen Autofahrer derartige Einschränkungen gefallen lassen?

Das Geheimnis: hier dürfen Autofirmen Hitze- und Hochgeschwindigkeitstests mit ihren Fahrzeugen machen. Im normalen Verkehr auf einer zweispurigen Landstraße ohne Pannenstreifen kommen die dann mit 250 angeflogen. Zwischendurch wird immer wieder mal vor Radfahrern und Fußgängern gewarnt, aber die haben hier besser nichts verloren.

Die letzte Testcrew hat offensichtlich Reifen getestet, jedenfalls sieht man die Versager überall am Straßenrand liegen.

Unser Bus befürchtet wohl, dass wir ihn jetzt mit 250 über die Teststrecke prügeln wollen, denn er weigert sich beharrlich, wieder anzuspringen. Der Anlasser macht keinen Muckser. Ein paar leichte Schläge mit dem Hämmerchen belehren ihn eines Besseren. Er hat wohl ein bisschen Staub zwischen die Zähne bekommen. Müssen wir bei Gelegenheit mal putzen.

Beim letzten Büchsenlicht kommen wir in Upington an, treffen dort die Berliner auf dem riesigen und sehr gepflegten Camp und verquatschen den Abend.

Dienstag, 3.4.07 (Upington, RSA):  Heute ist Tachowellensuchtag. VW winkt ab, das wird in ganz Südafrika nichts, meinen sie. Zwei andere Geschäfte führen so etwas nicht und im fünften Laden geht der Verkäufer kurz ins Lager und bringt einfach eine mit. Sie ist zwar zwanzig cm zu lang, doch das macht nichts, dann müssen wir sie halt etwas kurviger verlegen. Die Anschlüsse passen und der Preis allemal. 10 Euro. Wir hätten auch das Zehnfache bezahlt. Upington wird zur Hauptstadt der Tachowellen erklärt.

Nach ein paar Stunden ist sie eingebaut und der Urlaub für die Tachonadel vorbei. Sie zittert noch ein wenig, doch das gewöhnen wir ihr noch ab.

Morgen werden wir noch einen Tag Service und ein paar kleinere Reparaturen am Auto machen und dann kann es weitergehen.

Bei den Berlinern zeichnen sich auch Lösungen für ihre Fahrzeugprobleme ab. Ihre Lichtmaschine ist fertig, die Dieseltanks sind gerissen und durchs Fahrzeug wandern ganze Kolonnen von Staubdünen. Eigentlich erstaunlich, dass sie so oft in die Werkstatt müssen, denn der Geländewagen ist nur halb so alt wie unser Bus, neu motorisiert, neu ausgebaut und bisher kaum auf schlechten Straßen gewesen. Dabei sind die Toyota Landcruiser doch bekannt für ihre Robustheit. Oder ist das nur ein Marketing Gag?

Mittwoch, 4.4.07 (Upington, RSA):  Unser Service hat keine Überraschungen zutage gefördert, zudem haben wir jetzt wieder ausreichend saubere Wäsche, so dass wir uns morgen auf die Socken machen können.

Weil alles so glatt lief, gibt es heute Abend etwas Ordentliches auf dem Feuer. Beim Hacken des Holzes wehrt sich ein Stamm gegen seine Spaltung und schlägt Wolfgang mächtig auf die Finger. Genauer gesagt, auf den rechten Daumen. Und zwar so, dass Anette gleich ihren Operationssaal aufbauen will und alles rausholt, was unsere Medizinabteilung zu bieten hat. Schließlich einigen wir uns auf zwei größere Pflaster und einen Ausgleich des immensen Blutverlustes durch Rotwein. Das wird allerdings ein Souvenir für die nächsten Wochen sein. Ein Glück, dass es nicht vor den Reparaturen passiert ist. Das einzig wirklich Problematische ist das Zähneputzen. Ohne Daumen kann man die Bürste nicht richtig anfassen. Wer als Rechtshänder jemals versucht hat, mit links die Zahnbürste zu führen, der weiß, dass das an Selbstverstümmelung grenzt.

Die Berliner haben für 3000 Rand (330 Euro) einen nagelneuen Generator drin, der Tank ist mit einer Knetmasse abgedichtet und die Wanderdünen sind mit viel Silikon ausgesperrt. Sie werden morgen ebenfalls losfahren.

Donnerstag, 5.4.07 (Augrabies Falls NP, RSA):  Noch kurz einkaufen, Geld machen, einen schnellen Blick ins Internet werfen, dann sind wir weg.

Unterwegs fallen uns die vielen, vermutlich neuen, Weinfelder auf. Sonne gibt’s hier satt und der Oranje liefert genug Wasser. Das sollte einen ordentlichen Wein geben.

Später räubern wir einen “Farmstall” aus. Das sind kleine Buden, auf denen die lokalen Farmer ihre Erzeugnisse verkaufen. Unserer bot Trockenfrüchte an (mmh), einen selbstgemachten Portwein (mmmh) und Marmelade (mmmmh). Die Verkäuferin kann gar nicht glauben, was wir alles einsacken. Aber warum sollen wir das im Supermarkt kaufen, wenn wir es hier frisch vom Bauern kriegen können. Ok, bei Trockenfrüchten ist Frische vielleicht nicht ganz so wichtig. Doch es riecht so gut und es sind zudem schöne Mitbringsel. Von der Kalaharisonne getrocknet.

db_DSC0072931Am späten Nachmittag treffen wir im Augrabies Falls Nationalpark ein. Hier springt der Oranje über eine Felskante in eine tiefe Schlucht inmitten einer grandiosen Landschaft.

Da in Südafrika noch Osterferien sind, ist das Camp entsprechend voll. Unglaublich viele dicke Leute, meistens Buren, mit dicken Kindern und dicken Steaks. Wenn die so weitermachen, überholen sie noch die Amerikaner. Früher hatten die Buren hier das politische Übergewicht, jetzt haben sie’s auf db_DSC0066331db_DSC0065131die Waage.

Wir finden noch ein ruhiges Plätzchen, wundern uns jedoch über die vielen Maulwurfshügel auf der Wiese vor uns. Beim Näherkommen hoppeln die Hügel weg. Dassies, zu deutsch Klippschliefer. Angeblich kleine Verwandte der Elefanten. Naja, wer’s glaubt. Jedenfalls sind sie hier zahlreicher als bei uns die Hasen. Und viel zutraulicher.

Als besonders zutraulich erweisen sich bei Einbruch der Dämmerung die Ameisen. Wir stehen leider mitten in ihrem Wohngebiet. Oder genauer: drauf.

Die Mistviecher mögen uns offensichtlich nicht und können ganz schön beißen. Entweder wir verziehen uns (aber wohin?) oder wir nehmen den Kampf auf. Wir entscheiden uns für Letzteres und wenden gleich eine fiese Kriegslist an. ABM. Ameisenbeschäftigungsprogramm. Wir kippen auf jeden der Ausgänge in unserer Nähe eine Schaufel Sand. Jetzt haben sie bis morgen früh genug zu tun und lassen uns weitgehend in Ruhe.

Karfreitag, 6.4.07 (Springbok, RSA):  Am Morgen sind die meisten Eingänge wieder frei und die Tierchen liegen erschöpft von der Nachtschicht in den Betten.

db_DSC0067431Wir sind früh raus, um noch in der Morgenkühle den dreistündigen Wanderweg entlang der Fälle zu gehen. Tolle Landschaft, doch mit höher stehender Sonne wird’s mächtig heiß. Unterwegs laufen uns neben einigen Touristen natürlich Dassies über den Weg. Und wir sehen kurz einen Waran und sogar einen Otter. Doch obwohl wir uns ganz ruhig hinsetzen und von der Sonne grillen lassen, sie kommen nicht wieder raus.

db_DSC0070331db_DSC0071931db_DSC0071731db_DSC0068431Das gilt ganz und gar nicht für die Tiere des Camps. Da neben unserem Platz ein tropfender Wasserhahn steht, kommen sie alle vorbei. Anette will sich bei ihnen einschmeicheln und dreht den Hahn noch ein bisschen weiter auf.

Die Hitze treibt uns noch einmal in den Pool, dann gehen wir die 300 Kilometer nach Springbok an, um von dort über die Grenze zurück nach Namibia zu fahren. Da wir ein schnelles Auto haben, überholen wir schon wieder einen Langsamen. Doch der Fahrer nimmt übel und überholt uns gleich wieder. Das war wohl doch eine zu große Schande für ihn.

Die ersten 120 Kilometer sind wieder so eine Wahnsinnsteststrecke für Tempo 250. Was die Testfahrer in einer halben stunde schaffen, dauert bei uns mehr als zwei, denn es ist wie immer: der Wind kommt von vorn. Trotzdem sind wir bei Einbruch der Dunkelheit in Springbok, finden gleich ein Camp und liegen relativ bald in den Betten. Es ist sehr angenehm kühl, vor allem nach den 38°C, die wir auf der Rennstrecke hatten.

Samstag, 7.4.07 (Norotshama River Resort, Aussenkehr, Namibia):  Einkaufen. Bissel Sprit, bissel Milch, bissel Fleisch, dann sind wir auf dem Weg zur Grenze. Die ist wie immer ziemlich problemlos, bis auf einen Muffelkopf sind die Beamten sehr freundlich und korrekt.

Am frühen Nachmittag treffen wir im Norotshama River Resort ein, wo wir vor zwei Wochen schon abgestiegen sind. Diesmal ist’s leider nicht so schön leer und idyllisch, Ostern wird auch in Namibia gern für einen Kurzurlaub genutzt.

Heute ist unser bisher heißester Tag. 39°C, die Frequenz unserer Poolbesuche ist dementsprechend. Auch abends kühlt es sich nur langsam ab. Um 9 sind es immer noch 30°, doch es ist ganz und gar nicht unangenehm. Wir haben uns an die Wärme gewöhnt.

Zur Feier des Tages köpfen wir heute unser letztes Glas mit fränkischer Wurst (die inzwischen 7000 km auf dem Buckel hat, im Kühlschrank). Die Gläser und Dosen waren ein Abschiedsgeschenk von Wolfgangs fürsorglichen Kolleginnen und Kollegen am letzten Arbeitstag. Danke vielmals. Das haben wir uns gut eingeteilt.

Ostersonntag, 8.4.07 (Norotshama River Resort, Aussenkehr, Namibia):  Heute sind wir ostersonntäglich spät aufgestanden, haben in aller Ruhe gefrühstückt und den Rest des Tages irgendwie vergammelt. Nur zum Osterdinner im Restaurant haben wir uns aufgerafft.

Offiziell ist in Namibia seit diesem Wochenende Winter. Ha, ha, bei 38°. Die Uhren werden eine Stunde zurückgestellt, damit sich die Schulkinder in den ungeheizten Klassenräumen keine Erkältung holen. Jetzt kommen sie eine Stunde später und die Sonne hat mehr Zeit, die Schule vorzuwärmen.

Ostermontag, 9.4.07 (Farm Gunsbewys, Namibrand):  Wir wollen übermorgen in Walvis Bay sein, denn dann kommt ja die Queen an. Bis dahin liegen noch fast 1000 Kilometer vor uns, davon keine 50 auf Asphalt. Doch auf namibische Pisten lassen wir nichts kommen. Hier weiß man, wie man Straßen in gutem Zustand hält.

Die erste Überraschung kommt schon nach ein paar Kilometern. Obwohl wir diese Strecke vor zwei Wochen schon einmal gefahren sind, erkennen wir sie nicht wieder. Damals eine Flüsterpiste, jetzt eine Stoßdämpferteststrecke, bei der sich der Fahrer ganz darauf konzentrieren muss, die am wenigsten schlechte Spur zu finden. Da bleibt für die grandiose Landschaft kein Auge frei.

Unsere einzige Erklärung: der Osterverkehr mit tausenden südafrikanischer Geländewagen. Doch dass eine Piste so schnell kaputt geht, hätten wir nicht gedacht.

In Rosh Pinah, dem einzigen richtigen Ort bis Walvis Bay, spricht uns auf dem Parkplatz des Supermarktes (am Ostermontag ist geöffnet!) ein älterer Herr an. Er hat ebenfalls einen VW-Bus mit Linkslenkung, allerdings mit namibianischem Kennzeichen. Ein bisschen Fachsimpeln über das Auto und das Land, dann rollen wir weiter. Um es vorwegzunehmen: heute Abend erfahren wir auf einer Farm, dass wir ihn aus Windhoek ganz gut kennen. Er war dort viele Jahre als Lehrer an der deutschen Schule und hatte das Haus von Anettes Onkel gemietet. Weder hat er uns, noch haben wir ihn erkannt. Haben wir uns in den letzten Jahren so sehr verändert? Oder Alzheimer?

Eine Nebenpiste führt wunderschön durch die Berge. Wir werden hier später sicher noch einmal herkommen.

db_DSC0074131Am Nachmittag geht’s in die Namib. Endlich Sand. Es lässt sich sehr angenehm und ruhig fahren. Bergab mit 90, bergauf mit 30, so könnte es weitergehen.

Rechtzeitig zum Sonnenuntergang treffen wir auf der Farm Gunsbewys ein. Sie liegt inmittendb_DSC0077431 einer endlosen Ebene vor den majestätischen roten Dünen der Namib. Die Besitzerin, eine ehemalige Lehrerin, führt sie als kleinen Gästebetrieb neben ihrer Rente. Es gibt keinen Strom und derdb_DSC0074731 nächste Ort ist fast 100 Kilometer entfernt. Man muss das Einsiedlerleben schon mögen.

Wie immer rennen die Hunde hinter Wolfgang her, doch Anette lenkt sie erfolgreich ab.

Der Sternenhimmel ist überwältigend, da hier jegliches störende Licht fehlt. Die Nacht ist einfach nur tiefschwarz...

Dienstag, 10.4.07 (Lagoon Chalets, Walvis Bay):  ... und kalt. Sehr kalt. Saukalt. Morgens sind es nur 10°C. Die mit Abstand kälteste Nacht, die wir bisher hatten. Wir haben ab jetzt Mitleid mit namibianischen Schulkindern.

Da wir heute fast 600 asphaltlose Kilometer vor uns haben, brechen wir früh auf. Ohne Frühstück, denn wir warten lieber, bis es wärmer geworden ist. Mit der Sonne im Rücken und dem Blick auf die roten Dünen kann man Toast und Kaffee richtig genießen.

Auch hier müssen wir noch mal mit mehr Zeit herkommen.

Zurück auf der Hauptpiste gibt’s wieder Wellblech satt. An einer Tankstelle wird uns bestätigt, dass die Pisten tatsächlich durch die Osterurlauber demoliert worden sind, doch die Hoffnung ist schon unterwegs. Wir sehen im Laufe des Tages sechs Graderteams bei der Arbeit. Das sind moderne Wanderarbeiter. Meist zwei Leute, ein Grader (Pistenhobel) und ein Wohnwagen. Die Maschine fährt drei- oder viermal über die Piste, bis sie einigermaßen glattgebügelt ist, dann hängen sie den Wohnwagen an, fahren ein paar Kilometer weiter und das Spiel beginnt von vorn. Eine frisch “gescrapte” Piste ist ein wahres Vergnügen. Vielleicht sind sie ja mit der Strecke fertig, wenn wir in einer Woche wieder hier durchkommen.

Am Nachmittag erreichen wir den Wendekreis des Steinbocks und sind zurück in den Tropen. Dann noch durch den Namib-Naukluft Nationalpark, dieses Mal allerdings nur auf der Durchreise, und kurz nach Einbruch der Dunkelheit sehen wir Walvis Bay. Nach 600 Kilometern und elf Stunden. Ganz schön flott, aber jetzt reicht’s auch.

Auf dem Camp treffen wir einen Südafrikaner. Im Vorbeigehen ruft er ‘rüber “Nice old lady!”. Wen meint er? Anette? Dann fragt er weiter: “75 or 76?”. Alter? Nee, Baujahr vom Bus. Er hatte auch mal so einen.

Es ist kühl und neblig, also genau das Wetter, auf das sich eine britische Königin freut. Sie soll morgen früh um sechs im Hafen anlegen, doch wir werden erst einmal ausschlafen.

Mittwoch, 11.4.07 (Lagoon Chalets, Walvis Bay):  Es herrscht richtiger Londoner Nebel. Schon beim Näherkommen erkennen wir im Hafen ein größeres Schiff, versteckt hinter Containerstapeln und Öltanks. Wir kurven kreuz und quer, um einen Eingang ins Hafengelände zu finden. Erst nach längerem Suchen finden wir ein Tor. Das Schiff oder kurz “die QE2” bleibt weitgehend unsichtbar. Lediglich an den vielen fliegenden Souvenirverkäufern vorm Eingang kann man ahnen, dass hier bald zahlungskräftige Kundschaft erwartet wird.

Vermutlich gibt’s keinen Weg direkt ans Schiff, wir werden uns wohl mit einem Blick aus der Ferne begnügen müssen, denn der Hafen ist hermetisch abgeriegelt. Nach jedem Fahrzeug wird das Tor wieder zugemacht. Schade.

Aber da sowieso noch nicht viel los ist, beschließen wir, erst einmal für luftdichte Reifen unseres Busses zu sorgen. Wir haben zwei, die das nicht sind. Es dauert geschlagene zwei Stunden, ehe die Werkstatt damit fertig ist, denn beim Montieren haben sie wieder mal einen Schlauch völlig zerstört. Gut für uns, denn so bekommen wir einen neuen spendiert.

Ein ausgiebiges Frühstück und Zeitung lesen (hier gibt’s wieder die “Allgemeine Zeitung”) schließen sich an, dann versuchen wir es noch einmal am Hafen. Inzwischen wimmelt die Stadt von Bussen der Cunard-Lines. Es sind wohl allerhand Leute auf dem Schiff, die jetzt schnell in die Wüste gefahren werden und ein paar richtige Afrikaner vorgeführt bekommen, bevor es heute Abend weiter geht.

Wolfgang fragt bei den Security-Leuten nach, ob man in den Hafen hinein darf. Die sind zwar sehr freundlich, haben aber eine sehr klare Antwort “No chance, absolutely impossible”. Hat der Sicherheitschef strikt verboten. Vielleicht könne man vom Yachtclub aus eine Blick auf das Schiff werfen. Der sei aber ein paar Kilometer weg. Na, danke. Irgendwie wollen die uns nicht.

Eine letzte Möglichkeit wäre, unsere Spedition in Windhoek anzurufen, ob die hier in Walvis Bay einen kennen, der einen im Hafen kennt, .... Anette versucht es.

Nach zehn Minuten kommt sie zurück und grinst. Sie war nicht am Telefon, sondern einfach bei der Hafenbehörde. Ich solle mal reingehen zu der schlanken Dame mit der Brille, die hätte eine Erlaubnis für uns.

Wie bitte?

Tatsächlich, dort liegt am Empfang ein Zettel für die Spedition Enghardt. Nur noch Autonummer einsetzen, Stempel drauf und fertig. Einfach so.

Genau in dem Augenblick kommt der Sicherheitschef vorbei und bestätigt noch einmal ausdrücklich, dass niemand an die QE2 darf, nicht einmal seine Frau hätte da eine Chance. Als er weg ist, sagt die Dame an der Rezeption nur, dass es heute morgen problemlos mit ihrem Zettel geklappt hätte und das wir es einfach mal versuchen sollten. Am besten zwischen ein und zwei Uhr, da ist der Sicherheitschef beim Essen.

Kurz nach eins sind wir am Hafentor und halten beim Heranrollen lässig den Zettel aus dem Fenster. Der Uniformierte sieht von weitem, dass wir etwas in der Hand haben, hebt den Daumen und macht das Tor auf. Es hätte genauso gut ein weißes Blatt Papier sein können. Ohne anzuhalten sind wir im Hafen, fahren zwischen den Containern hindurch zum Schiff und sind erst einmal enttäuscht. db_DSC0080131Vom Heck her sieht die QE2 eher langweilig und viel kleiner als in unserer Vorstellung aus.

Wir tun einfach so, als würden wir Passagiere holen oder bringen und stellen den Bus direkt neben das Schiff. Und jetzt, vom Bug her, wirkt sie plötzlich richtig majestätisch. Elegant in Schwarz, nicht so klobig wie viele der neuen Kreuzfahrtschiffe und ganz und gar nicht klein. Wirklich beeindruckend.

Von zwei australischen Passagieren erfahren wir, dass es die 25. Weltreise der Queen ist. An Bord sind 1700 meist ältere bis noch ältere Passagiere und 900 Besatzungsmitglieder. Für namibianische Verhältnisse ist das eine mittelgroße Stadt. Die beiden Australier sind vor knapp zwei Monaten in Sydney an Bord gegangen. Jetzt geht es nach Las Palmas und schließlich nach Southampton.

An der Gangway fällt uns auf, dass alle zurückkehrenden Passagiere ihre Hände mit einem Desinfektionsmittel einreiben (müssen?). Ist Afrika ansteckend?

Der Südafrikaner vom Camp hat sich ebenfalls in den Hafen geschmuggelt. Er hat einfach zwei alten Damen vom Schiff die Stadt gezeigt und sie dann mit deren Ausweis zurück an den Kai gebracht.

“Nice old lady” meint er nur. Diesmal ist es die Queen.

Als die Gangway eingezogen wird und die Leinen gelöst sind, kommt der Sicherheitschef vorbei. Kaum sieht er uns, bellt er, ob wir doch noch eine Erlaubnis bekommen hätten. Und von wem? Wir erzählen ihm, dass wir ein paar Leute gefragt hätten und einer uns schließlich das Permit ausgestellt hätte. Glücklicherweise will er es nicht sehen, wir wollen die Dame am Empfang ja nicht verraten.

db_DSC0083331Dann befiehlt er uns, sofort vom Kai wegzufahren, da dürfe niemand stehen, denn das wäre internationales Gebiet. Damit ist sein Autoritätsanfall auch schon vorbei. Er ist wieder ganz freundlich und erlaubt uns sogar, dem Ablegen des Schiffes in aller Ruhe zuzuschauen.

Das ist Afrika pur. Alles, was auf gar keinen Fall gehen kann, geht irgendwie trotzdem. Und jeder weiß das. In Deutschland wären wir vermutlich in Handschellen abgeführt worden.

Unser Permit werden wir als typisch afrikanisches Souvenir behalten, ebenso wie unser db_DSC0084531Strafmandat über eine Million aus Mozambique und unser “Visum” durch Zaire.

Nach diesem Erfolg machen wir noch eine Spritztour an den Ausflugsstrand der Walvis Bayern (Deutschland hat nicht die einzigen Bayern!). Dazu geht es quer durch die größten Salzfelder des südlichen Afrika. Die Sonne tut hier ein gutes Werk und trocknet riesige Mengen Salz.

Zum Sundowner wollen wir auf der Düne 7 sein. Mit zwei Dosen bewaffnet machen wir uns auf den Weg nach oben. Sollte in fünf Minuten zu schaffen sein.

db_DSC0085931Denkste. Nach zwanzig Minuten, die Sonne ist längst unter gegangen, liegen wir auf dem Kamm. Fix und fertig. Es ging meistens nur auf allen vieren, denn wir haben es ausgerechnet an der steilen Lee-Seite versucht. Oben pfeift uns der Wind den Sand um die Ohren. Und in die Dosen, so dass der Drink wirklich kein Genuss ist.

War eine blöde Idee, ausgerechnet hier hoch zu müssen, doch nach diesem Tag kann uns nichts mehr erschrecken.