Tagebuch 3

Andriesvale, RSA, den 30.3.07

Hallo zu Hause,

nach über zwei Monaten sind wir nun endlich in Südafrika angekommen. Viele unserer Pläne haben wir inzwischen über den Haufen geworfen und neue gemacht, die dann ebenfalls geändert, weil wir wieder neue Tipps bekommen haben. Aber das ist ja der eigentliche Luxus, wenn man Zeit hat. Am brutalsten ist uns das aufgefallen, wenn wir mal ein paar Tage in einer Lodge geblieben sind und jeden Tag neue Leute kamen, die am nächsten schon wieder weiter mussten.

Wir haben die Zeit genutzt, die Website etwas aufzupäppeln, denn so nach und nach lernen wir, wie man es macht. Der alte Auftritt, der erst später angepasst wird, ist unter www.wirsindweg.de/alt zu finden (Anm: das hat sich inzwischen erledigt). Auch die neuen Routenkarten sind noch nicht wirklich schön. Doch wir werden sicher noch ein paar nette Lodges finden, wo es sich lohnt, ein paar Tage zu bleiben. Und dann ist Zeit für so etwas. Zwischen zwei Besuchen des Swimmingpools.

Ihr seht also, uns geht es bestens und wir werden uns bemühen, dass es so bleibt. Bitte sorgt dafür, dass es Ende April, wenn wir wieder zurück sind, Frühling ist. Temperaturen unter 25° müssen schrecklich sein.

Wir hoffen, dass es Euch mindestens genauso gut geht wie uns und grüßen Euch ganz herzlich

Anette & Wolfgang

Tagebuch   15.3. bis 29.3.2007

Donnerstag, 15.3.07 (Uhlenhorst):  Die Nacht war zwar warm, aber keineswegs unangenehm, was man vom Platz hinten auf dem Pickup nicht sagen kann. Als wir mit den Farmern raus auf die Tomatenfelder fahren, will Anette unbedingt auf der Ladefläche stehen und sich den Wind um die Nase wehen lassen. Nach fünf Minuten kommt ein klägliches “Ich will wieder rein”. Es ist bei fast senkrechter Sonne kaum auszuhalten und der Fahrtwind hat die Temperatur eines heißen Föns.

Die Felder werden über sechs Monate ständig abgeerntet. Von hier aus gehen die frischen Tomaten nach ganz Namibia und teilweise auch die Nachbarländer. Jedes Jahr wird eine andere Fläche genutzt, damit der Boden sich ein paar Jahre erholen kann. Ohne Kunstdünger läuft hier nichts.

Außerdem verdingt sich Wolfgang als Übersetzer zu einem Segelflieger, der aus Deutschland anruft und die Preise für einen Jagdausflug wissen will. Nebenbei erfahren wir von ihm, dass das Segelflugzentrum nur zwischen November und Januar in Betrieb ist. Dann gibt es hier eine enorme Thermik, die die Maschinen schnell auf 5-6000 m Höhe bringt und Flüge von mehr als 1000 km erlaubt. Also wird es db_DSC0038632dieses Mal nichts mit dem Fliegen, wir werden in einem passenden Monat noch mal vorbei schauen.

Nachmittags kommt eine Tochter der Farmersfrau zu Besuch und bringt weitere drei Hunde mit, so dass wir jetzt zwischen acht Jack-Russell-Terriern hocken, die nichts Besseres zu tun haben, als sich bei Wolfgang um die Füße zu scharen. Zugegeben, sie sind ja ganz niedlich, besonders der Jüngste hat es Anette angetan. Ein Monat alt.

Auf der Farm der Tochter werden Teppiche aus Karakulwolle gewebt, die uns auch interessieren könnten. Da es wenig Sinn macht, jetzt einen mitzunehmen und ihn wochenlang im Auto spazieren zu db_DSC0037932fahren, werden wir die Farm später besuchen, vielleicht schon auf dem Weg nach Walfishbay.

Freitag, 16.3.07 (Quivertree Lodge, Keetmanshoop):  Heute wollen wir nach Süden aufbrechen, jedoch nicht, ohne vorher ein Foto von den Toiletten in Uhlenhorst gemacht zu haben. Jede hat einen anderen Stil, ist liebevoll dekoriert, blitzsauber und hat so ganz und gar nichts mit einem Buschcamp zu tun.

Die Kalahari zeigt sich heute von der heißen Seite. Die Pisten sind zwar staubig, doch es ist kein Verkehr. Die Orte und Lodges, die wir als nächste Übernachtungsmöglichkeit ausgeguckt hatten, erweisen sich als Nieten. Entweder hässlich oder “under renovation”, obwohl erst letztes Jahr eröffnet. Wir wüssten zwar ein sehr schönes Camp, keine 70 Kilometer östlich von uns im Kgalagadi Nationalpark, doch leider ist eine Staatsgrenze dagegen. Eine seit 1990 geschlossene. Namibia und Südafrika zanken sich seitdem um die Wiedereröffnung des Überganges und jeder schiebt die Schuld auf den anderen. Einen logischen Grund gibt es jedenfalls nicht. Um über den nächsten offenen Grenzposten in das Camp zu kommen, müssten wir 500 Kilometer auf teilweise ziemlich übler Piste fahren und dazu steht uns jetzt nicht der Sinn.

Stattdessen werden wir nach Westen abbiegen. Ab jetzt geht die Piste nicht mehr in Längsrichtung der Nord-Süd liegenden Dünen, sondern quer dazu. Es ist wie auf einer Achterbah. Rauf und runter. Bergab mit 80, bergauf mit 20 Stundenkilometern. Mit entsprechender Staubfahne.

db_DSC0042032Das nächste Camp liegt im Köcherbaumwald (Quivertree Forest) bei Keetmanshoop. Im letzten Jahr waren wir schon mal dort. Nach einem starken Regen drohte unser Bus wegzurutschen. Unser Standplatz war plötzlich zwischen zwei Flüssen eingeklemmt und wir konnten das Camp nicht mehr verlassen. Dieses Jahr dürfte es dagegen keine Probleme geben, denn in ganz Namibia fehlt der Regen. Gut, dass die Staudämme noch vom letzten Jahr Wasser haben, sonst wäre die nächste Dürrekatastrophe programmiert.

Beim Sonnenuntergang haben wir noch 60 Kilometer vor uns, wir werden um eine Nachtfahrt nicht herumkommen, denn in einer halben Stunde ist es dunkel. Zu allem Überfluss gucken wir nicht richtig in die Karte und biegen in eine falsche Piste ein. Nach 20 Kilometern merken wir es. Alles wieder zurück.

Gegen halb zehn sind wir endlich da, nach fast neun Stunden auf dem Bock und knapp 500 Kilometern. Es reicht, obwohl es wirklich gute Pisten waren und die Kalahari jedes Mal wieder beeindruckt.

Samstag, 17.3.07 (Quivertree Lodge, Keetmanshoop):  Nach dem langen Ritt von gestern steht uns heute nicht der Sinn nach Kilometern. Doch wir brauchen ‘was zum Essen und Benzin und wollen außerdem noch mal das Internet versuchen. Immerhin ist Keetmanshoop die Hauptstadt des Südens.

Es klappt alles, die Supermärkte haben auch samstags offen (jawohl, hier gibt es mehrere) und das Internet ist recht fix, so dass wir den mangels Übertragungsgeschwindigkeit nicht aus Uhlenhorst versandten Teil der Website losschicken können.

db_DSC0045032db_DSC0041432Auf der Quivertree-Farm leben ein paar halbzahme Geparden, deren Fütterung wir uns am Nachmittag anschauen. Doch es hat etwas Deprimierendes, zu sehen, wie den Tieren ein Stück Fleisch hingeworfen wird, damit sie sich dann von den Besuchern missmutig streicheln lassen. Glückliche Geparden sehen anders aus. Da wirken die Mountain Chats (auf deutsch Bergschwätzer?), die uns morgens zum Frühstück besuchten, doch viel fröhlicher. OK, wir hatten sie mit Brotresten bestochen.

Sonntag, 18.3.07 (Lüderitz):  Lüderitz, wir kommen. Wir wollen endlich mal wieder schlechtes Wetter haben. Als wir vor elf Jahren dort waren, hat’s extrem gestürmt.

Knapp 400 Kilometer liegen vor uns. Mittlerweile ist die gesamte Strecke asphaltiert. Es geht durch eine trockene Gebirgslandschaft runter in den Fishriver-Canyon und hinten wieder hoch. Später werden wir noch mal hierher kommen, um uns den Canyon von der Westseite anzuschauen, da soll es eine kleine versteckte Piste zum “Hinterausgang” geben.

Unterwegs bei Tempo 80 macht es plötzlich Plöff und wir kommen abrupt zum Stehen. Wenn man dem Zeiger des Tachos Glauben schenken will. Wollen wir aber nicht, denn uns ist nur die Tachowelle gebrochen. Kein Drama, aber unangenehm. Jetzt merkt man erst, wie oft man auf Tacho und Kilometerzähler schaut.

Wir haben mal nachgerechnet: die Tachowelle hat sich in ihren 29 Lebensjahren mehr als 100 Millionen mal um die eigene Achse gedreht. Da kann man’s ihr nicht übel nehmen, dass sie bricht.

Auf den letzten 100 Kilometern geht es um 1500 Meter abwärts. Der Bus läuft wie wie ein Rennwagen. In der Boxengasse, wir wollen es ja nicht übertreiben. Mangels Tacho wissen wir leider nicht, wie schnell wir tatsächlich waren, aber es hörte sich ziemlich schnell an.

Da wir uns nicht mehr an unser Camp in Lüderitz erinnern können und auch in unseren Verzeichnissen nichts zu finden ist, fahren wir auf der Suche nach einem Übernachtungsplatz kreuz und quer durch die Stadt. Es sieht alles ein wenig heruntergekommen aus, ganz anders als das vergleichbare Swakopmund..

Ein leicht betrunkener Brite erklärt uns schließlich den Weg zum einzigen Camp in Lüderitz. Es heißt Shark Island Camp, liegt auf einer Halbinsel am Hafen und ist ganz ordentlich. Seit langem der erste Platz, wo wir nicht (fast) alleine sind.

Montag, 19.3.07 (Lüderitz):  Morgens versuchen wir, eine VW-Werkstatt zu finden, vielleicht kriegen wir ja eine Tachowelle. Doch es gibt nicht mal eine VW-Werkstatt. Ein Mechaniker von Schwab-Motors bietet uns an, bei seinen Schrott-VWs nachzuschauen, da könnte noch eine eingebaut sein. Der Schrottplatz in einer Industriebrache macht einen ziemlich verwegenen Eindruck. Freiwillig würden wir hier nicht hinfahren. Leider haben die beiden Busse, die dort vor sich hin rosten, nichts Brauchbares mehr drin. Einer der Arbeiter sucht mit Wolfgang noch in anderen Autos herum. Der Junge ist bestens mit VW vertraut und weiß genau, was wir suchen. Doch es ist nichts Passendes zu finden.

Auf dem Rückweg zum Camp sehen wir zufällig ein Geschäft für Autozubehör. Fragen kostet nichts. Angeblich haben sie in der Zentrale in Windhoek noch eine Tachowelle für unser Auto. Toll, sind ja nur 800 Kilometer! Kein Problem, meint der Verkäufer, sie könne morgen Nachmittag hier sein.

Heute also keine Autoreparatur, stattdessen suchen wir ein sehr nettes Restaurant am Hafen heim.

Dienstag, 20.3.07 (Lüderitz):  Der Vormittag vergeht mit Wäsche waschen, Mail abrufen (vergeblicher Versuch) und Einkaufen. Am Nachmittag haben wir die neue Tachowelle in der Hand. Nur ist sie einen Meter zu kurz. Schade. Also doch die alte flicken.

Von der Kühlschrankreparatur ist noch ein Stück Kupferrohr übrig. Zusammen mit einer abgefeilten Lüsterklemme, Lötzinn, Silikonkautschuk und sanfter Gewalt entsteht eine Art Streckverband für die Tachowelle. Mal sehen, wie lange das hält.

db_DSC0045932Die Probefahrt zum Sundowner ans gegenüber liegende Ufer der Bucht hat er jedenfalls klaglos weggesteckt. Ganz zufällig entdecken wir dabei an einem Hang einen alten Grenzstein aus der Anfangszeit der deutschen Kolonie Südwest. Hier hat alles in den 1880er Jahren mit einer Handelsniederlassung angefangen. Der große Boom kam mit den Diamantenfunden, bevor der erste Weltkrieg den deutschen Kolonien ein schnelles Ende bereitete. Noch heute heißt das Territorium zwischen hier und der südafrikanischen Grenze “The Sperrgebiet” und wie früher darf niemand ohne Genehmigung hinein. In dem riesigen Gebiet dürfte noch so manches nette Steinchen verborgen sein.

Mittwoch, 21.3.07 (Klein Aus):  Heute ist Independence Day, namibianischer Nationalfeiertag. Man merkt nicht allzu viel davon.; es ist so ähnlich wie bei uns am 3. Oktober. Die Geschäfte haben geschlossen und die Ausflugsgebiete sind voll. Naja, so voll nun auch wieder nicht, denn Lüderitz ist ja kaum mehr als ein großes Dorf.

Wir werden heute zurück in die Berge nach Aus fahren. Zwei andere Reisende erzählten uns, dass es dort ein ganz angenehmes Camp gäbe.

Vorher wollen wir noch einen Schlenker zum Diaz-Kreuz machen. Das hat ein Herr Diaz, seines Zeichens portugiesischer Seefahrer, vor über 500 Jahren an die Küste gestellt. Heute ist rings rum ein großes Erholungsgebiet mit vielen schönen Buchten, das die Lüderitzer am Independence Day zu schätzen wissen.

Als wir uns auf den Weg in die Berge machen wollen, macht unser Auto schon wieder komische Geräusche. Dieses Mal nicht Plöff, sondern eher Grrrnk-grrrnk. Eine der Antriebswellen quittiert soeben ihren Dienst. Weiterfahren macht keinen Sinn, zumal es ja ganz schön bergauf gehen soll und die Welle dabei richtig ins Schwitzen kommt.

Etwas abseits der Piste ist der Übeltäter ratz fatz draußen und gegen eine willigere getauscht. Wir kennen das Spiel ja vom letzten Jahr. Nach gut einer Stunde rollen wir wieder. Grrrnk-grrrnk-frei.

Obwohl wir über lange Zeit nicht aus dem dritten Gang herauskommen, sind wir schneller oben als wir dachten. Da bleibt noch Zeit, einen Abstecher zu den Wildpferden von Garub zu machen. Sie sind vermutlich zur deutschen Kolonialzeit entlaufen und das Tal, in dem sie heute leben, ist ein Teil des Nationalparks geworden. Leider kommen wir nicht nah genug ran, um sie zu fragen, ob sie noch deutsch verstehen.

Kurz darauf sind wir in Klein Aus Vista. Früher ein deutscher Militärposten der Schutztruppe (so hießen die deutschen Soldaten hier), heute eine Lodge. Sehr freundlicher Empfang, sehr schöne Anlage und als wir auf unseren Platz kommen, stehen nebenan zwei Motorräder aus Wesel. Frauke und Robert, ein junges Pärchen auf (Fast-)Weltreise. Sie sind auf dem Landweg bis nach Malaysia gefahren, haben ihre Motorräder dann nach Südafrika verschifft, um von hier über Kairo den Weg nach Hause anzutreten. Zehn Monate sind’s bisher gewesen, weitere fünf haben sie noch vor sich.

Leider hat sich Frauke heute morgen mit dem Motorrad im Sand überschlagen und dabei das Knie übel verdreht. Sie kann sich kaum bewegen und war in Aus bei einem “Arzt”. Hilfe war da nicht zu erwarten. Anette hat eine geeignete Salbe im Fundus. Vielleicht hilft die ja über Nacht.

Wir beschließen, ein gemeinsames Feuer fürs Abendessen zu machen. Doch zuvor muss Wolfgang noch mal zurück zur Rezeption fahren, denn wir hatten ein “Braaipack” für eineinhalb Personen (Fleisch für den Grill) bestellt, nicht ahnend, was das ist. Es kostet 80 Namibdollar / 9 Euro.

Dummerweise fängt gerade der Grader an, die Piste glatt zu hobeln. Das staubt nicht nur mächtig, sondern daaaaauuuuert auch elend lange. Eine Stunde später und im Stockdunkeln haben wir endlich unser Braaipack am Feuer, nachdem fast ein Suchtrupp losgeschickt worden wäre. Das Paket besteht aus zwei doppelten Ei-Käse-Sandwiches, einer großen Schüssel Salat, zwei Bratwürsten, einem großen T-Bone-Steak, zwei großen Kartoffeln in Folie und zwei Stücken Kuchen. Ummpf. Der Salat reicht für vier, der Kuchen ist für morgen und T-Bone und Bratwürste sind mehr als wir brauchen.

Donnerstag, 22.3.07 (Klein Aus):  Es ist saukalt! Jedenfalls kommen uns die 14°C so vor.

Erst heute morgen können wir die tolle Aussicht vom Camp genießen, gestern war es schon zu spät. Eigentlich wär’s schade, hier gleich wieder weg zu fahren. Also, wir bleiben noch einen Tag, auch weil die db_DSC0046432db_DSC0047232db_DSC00475a32Vögelchen hier wieder so schön frech sind.

Inzwischen haben sich noch zwei nette Schweizer mit einem Geländewagen dazu gesellt: Andrea und Markus. Mit ihnen und den beiden Motorradlern wird es abends ziemlich lang und sehr lustig.

Freitag, 23.3.07 (Namus Kluft, Rosh Pinah):  Nach dem gestrigen Abend kommen wir alle ein wenig langsamer in Gang als normal. Wir sind um acht die Ersten!

Unser Toaster läuft auf Hochtouren, um alle zu versorgen (irgendwann hängt jedem das Schaumgummiweißbrot zum Halse raus, da hilft nur toasten), und es wird ein sehr langes gemeinsames Frühstück um unseren großen Tisch. Keiner hat Lust, die Runde zu verlassen. Leider wollen wir in drei verschiedene Richtungen. Andrea und Markus fahren nach Norden zu den Dünen von Sossusvlei, Frauke und Robert werden noch hier bleiben, um das Knie richtig auszukurieren (das inzwischen viel besser geworden ist) und wir wollen nach Süden, da wo die anderen hergekommen sind. Schade, dass man so selten Leute trifft, die in die gleiche Richtung fahren.

Am Nachmittag brechen wir endlich auf und kommen gleich in eine große Verkehrskontrolle. Es passiert das Gleiche wie jedes Mal. Erst kommt der Polizist zur falschen Seite (“Left hand drive” haben wir ja nur hinten dran stehen), dann kommt er rüber und sucht an der Stelle der Windschutzscheibe, wo wir noch den Zollaufkleber von Island haben, nach der namibianischen Steuerplakette. Wir haben es aufgegeben, zu erklären, dass der Aufkleber aus Island ist, das gab immer nur verständnisloses Kopfschütteln. Dann merkt der Polizist, dass wir ein komisches Nummernschild haben und es beginnt eine längere Unterhaltung darüber, wie der Wagen hierher gekommen ist, wo wir schon überall waren und wie es uns in Namibia gefällt. Dieses Mal sind es wirklich nette Polizisten. Nach einem kurzen Blick in die Papiere wünschen sie uns gute Fahrt.

Wir wollen 200 Kilometer nach Süden an den Oranje-Fluss, der hier die Grenze zu Südafrika bildet. Als wir vor 12 Jahren zum letzten Mal hier waren, mussten wir uns über eine staubige und steinige Piste quälen. Es geht ja quer durchs Gebirge fast 1500 m abwärts.

Dörfer gibt es hier nicht, nur eindrucksvolle Berge und weite sandige Ebenen. Und zwei prosperierende Zinn- und Bleiminen, die dafür gesorgt haben, dass die Straße inzwischen asphaltiert ist . Es fährt sich wunderbar, außer uns ist kaum jemand unterwegs. Doch trotz der beindruckenden Landschaft ist es ein wenig langweilig. Das liegt sicher auch daran, dass wir uns die Strecke nicht mehr “erarbeiten” müssen wie damals die kleine Gebirgspiste. Wir genießen zwar das zügige Vorankommen, doch es bleiben auch deutlich weniger Eindrücke haften.

Nach zwei Stunden sind wir jedenfalls in Rosh Pinah, der Minenstadt. Hier haben die Leute relativ viel Geld, (weil Arbeit), es gibt gut sortierte Geschäfte, propere Wohnviertel, doch vor der Stadt auch die üblichen Wellpappe- und Blechdosensiedlungen.

Kurz nach dem Ort zweigt eine sandige Spur zur 15 Kilometer entfernten Namus Kluft ab. Dort soll es ein ganz ordentliches Camp geben, von wo wir morgen an den Oranje weiterfahren wollen.

Wir sind die einzigen Gäste auf dem Platz. Er hat eine schöne Aussicht ins Tal und wir haben etwas Leckeres zum Grillen im Kühlschrank. Was will man mehr.

Samstag, 24.3.07 (Norotshama River Resort, Aussenkehr):  Zurück auf der Hauptpiste schauen wir uns erstmal die Baustelle für den neuen Grenzübergang nach Südafrika und die Pontonfähre an. Der Besitzer des letzten Camps hatte uns erzählt, dass in Kürze eine Fähre über den Oranje in Betrieb genommen werden soll, so dass man direkt von hier in den südafrikanischen Richtersveld Nationalpark weiterfahren kann. Genau da wollten wir ja hin, doch zur Zeit muss man dazu noch mehrere hundert Kilometer Umweg fahren. Auf schlechter Piste. In diesem Jahr werden wir das Richtersveld also auslassen und lieber später noch einmal hier vorbeischauen.

Die Bauarbeiten sind noch nicht sehr weit gediehen, lediglich die Verkehrsschilderaufsteller sind weit vor Plan. Auf großen Tafeln steht: “Stopp, Zollkontrolle 300 m”. Nach 300 m ist noch nicht mal eine Baustelle zu sehen, aber nach 600 m das Gegenschild. Wird wohl noch ein bisschen dauern.

Dann geht es auf einer sehr schönen Piste immer an Oranje lang. Tiefblauer Himmel, links und rechts rotbraune Berge und unten viel Grün am Wasser. Mehr Kontrast geht nicht. Wie geschaffen, um ein schattiges Päuschen zu machen.

Der Weg zum Ufer ist ein ganz klein wenig sandig.

Viel zu sandig, wie sich schnell herausstellt. Wir sitzen fest. So richtig tief, der Wagen liegt mit dem Bauch auf dem Sand und die Räder drehen durch. Nix is’ mit Pause bei milden 37°.

Die Sandbleche reichen nicht, die Räder sind zu tief eingesackt. Also auch keine Pause für den Wagenheber. Wagen hochbocken, Sand wegbuddeln, Sandbleche drunter, heulender Motor, Anette schiebt, fünf Meter vorwärts, fluchen, nächste Runde.

db_DSC0048032Nach gut einer Stunde ist es geschafft. Doch vor allem wir. db_DSC0054732Die Hitze schlaucht ungemein, wir sind patschnass.

Nochmals eine Stunde später sind wir schon wieder patschnass. Extremer geht’s wirklich nicht.

Mitten in riesigen Weinfeldern db_DSC0054832(Berge braucht man ja bei fast senkrechter Sonne nicht) finden wir das Norotshama River Resort. db_DSC0053832Kein gewöhnliches Camp, sondern eine Oase. Alles pieckegrün, herrlicher Swimmingpool, tolle Aussicht auf Fluss und Gebirge, feines Restaurant, schattiger Stellplatz. Das ist sicher das Beste, was wir bisher in Namibia hatten.

Sonntag, 25.3.07 (Norotshama River Resort, Aussenkehr):  Es ist so schön hier, dass wir sicher nicht nur einen Tag bleiben.

Heute werden wir nur zwei Muskelgruppen belasten: die Beine, um die 20 m zum Swimmingpool und zurück zu kommen, und die Kau- und Schluckmuskeln. Faulenzen ist was furchtbar Anstrengendes.

Montag, 26.3.07 (Norotshama River Resort, Aussenkehr):  Da weitergemacht, wo wir gestern aufgehört haben.

Es sind noch nicht alle Illustrierten durchgelesen, die wir mit anderen getauscht hatten.

Dienstag, 27.3.07 (Norotshama River Resort, Aussenkehr):  Heute Vormittag haben wir einen Spaziergang zu den 200 m entfernten Stromschnellen gemacht. Dabei im heißen Sand die Füße verbrannt, den Weg runter ans Ufer nicht gefunden, Schuhe und Füße mit Dornen perforiert und fluchend den Rückzug angetreten. Dann so weitergemacht wie gestern.

Zeitungen sind fast ausgelesen.

Mittwoch, 28.3.07 (Farm Kleinbegin, Karasburg):  Das war erst einmal genug Faulheit, deshalb wollen wir heute in den Fishriver und an seinen (weltweit zweitgrößten) Canyon. Wenn wir da nicht über Nacht bleiben wollen, geht’s weiter nach Osten Richtung Südafrika.

Der Fishriver bietet zwei Höhepunkte. Den Rand mit Blick nach unten und den Grund mit Blick nach oben.

In der Sommerhitze ist es ziemlich unpraktisch, vom Aussichtspunkt in den Canyon herabzusteigen. Und zudem aus Sicherheitsgründen verboten. Es sind zwar nur 500 Höhenmeter, doch die Temperatur macht einem ganz schön zu schaffen. Wir waren schon mehrfach unten (hatten die Verbotsschilder leider übersehen), doch werden es diesmal ganz sicher nicht tun.

Die andere Möglichkeit ist es, nach Ai-Ais, dem Badeort am Canyongrund, zu fahren. Dort ist es noch ein bisschen heißer als oben. Wem das noch nicht reicht, der kann sich auch noch in heißen Quellen kochen. Hatten wir schon, brauchen wir nicht noch Mal. Unser Grund, runterzufahren ist der Tipp, dass es dort eine kleine, in keiner Karte eingezeichnete Piste gäbe, die auf der anderen Seite aus dem Canyon in eine tolle Gebirgsgegend führen soll.

Das scheint eine Ente gewesen zu sein. Der Hang des Canyons ist so steil, dass bestenfalls Bergziegen hoch kommen, wir jedenfalls nicht. Also auf nach Osten nach Südafrika.

Doch wir brauchen noch Brot und verblüffen den Ranger am Eingangstor (der Ort liegt im Nationalpark, deshalb 20 Euro Eintritt) mit der Frage nach einem Supermarkt. Wir sind sicher die ersten, die nur wegen Brot in den Canyon heruntergefahren sind und kriegen gnädigerweise, db_DSC00559a32weil wir den Canyon keines Blickes würdigen, den Eintritt erlassen.

Also Südafrika. Prima Piste, es geht zügig vorwärts, doch mit der Zeit wird es auch ein bisschen langweilig.

Bei Sonnenuntergang kommen wir auf der Farm Kleinbegin an. Das Camp ist nicht gerade das Gelbe vom Ei. Es atmet den Charme der fünfziger Jahre, kombiniert mit totalem Tigerterror. Alles, wirklich alles, ist mit Tigermuster dekoriert, vom Toilettenspülkasten bis zum Salzstreuer. Ersatzweise Leopardenmuster. Aber für eine Nacht hält man alles aus. Laut Führer ist das die beste Lodge seit langem, die Wirklichkeit sieht völlig anders aus.

Am Himmel spielt sich ein wahres Feuerwerk ab. Jede Sekunde ein Blitz, aber kein Donner. Und auch kein Regen.

Wir haben unsere Pläne wieder mal geändert. Wir werden jetzt erst einmal in den südafrikanischen Kgalagadi Nationalpark fahren und dann in einem größeren Bogen wieder zurück nach Namibia, damit wir am 11.4. pünktlich in Walfishbay zum Besuch der Queen sind (der blechernen).

Übrigens hat uns heute den ganzen Tag kein einziges Auto überholt. Entweder wir waren zu schnell oder es war nichts los, denn es sind uns auch nicht mehr als zwanzig entgegengekommen.

Donnerstag, 29.3.07 (Molopo Lodge, Andriesvale, RSA):  Einer unserer Vorderreifen sieht ein bisschen lustlos aus. Möglicherweise ein Loch. Aufpumpen und im Auge behalten.

Sicherheitshalber werden wir in Karasburg noch einen Ölwechsel machen, denn für die nächsten 1000 Kilometer wird das sonst nichts mehr. Aber Karasburg ist nicht unser Pflaster. Beim ersten Versuch, das Öl zu wechseln, haben sie nicht das richtige Öl. Nachdem wir es besorgt haben, hat ein anderer Wagen unmittelbar in der Einfahrt zur Hebebühne sein Rad abmontiert und kann nicht mehr weg. Beim dritten Mal klappt es schließlich.

Mit dem Geldwechsel ist es das Gleiche. Die erste Bank hat eine elend lange Schlange und nur einen Schalter offen. Die zweite weiß nicht, was sie mit einer Kreditkarte anfangen soll und die dritte sagt, wir sollten es bei der Standard Bank versuchen. Die gäbe es aber in Karasburg nicht. Wir werden also unser Bargeld nur sparsam einsetzen und, wo immer möglich, die Kreditkarte benutzen.

Bloß weg hier. Runde 300 Pistenkilometer weiter, kurz vorm Nationalpark, gibt es eine Lodge, die beim letzten Mal einen guten Eindruck gemacht hat.

Nach 100 Kilometern kommen wir wieder mal abrupt zum Stehen. Laut Tacho. Der Streckverband der Tachowelle hat knapp 1000 Kilometer gehalten, ab jetzt also wieder ohne Tacho und bei nächster Gelegenheit ein weiterer Reparaturversuch.

Die Grenze ist leer, die Grenzer sehr freundlich und es geht sehr zügig. Seltsamerweise schließt eine Dame nach unserer Durchfahrt den Grenzzaun zu. Doch dann dämmert’s uns: Feierabend. 16:30 Uhr ist Schluss und es ist schon fünf Minuten drüber. Wir werden noch schnell in den Computer eingelesen und die Dame stellt fest, dass wir ja letztes Jahr auch hier über die Grenze gegangen sind. Dann dürfen wir weiterfahren. Es war die schnellste Grenze seit langem.

Wir wussten noch vom letzten Jahr, was jetzt auf uns zukommt, trotzdem sind wir stinkesauer. Die Piste ist in einem derart schlechten Zustand, dass wir oft nicht mal zwanzig Stundenkilometer fahren können und trotzdem klappert das Auto, als müsse es gleich auseinanderfallen. Das übelste Wellblech des südlichen Afrikas. Man sollte den zuständigen Minister so lange auf einem ungefederten LKW auf dieser Piste hin- und herfahren, bis er selber auseinandergefallen ist. Oder begriffen hat, dass das unzumutbar ist. Wir müssen ja nur einmal durch, aber wer hier wohnt, hat das Vergnügen jeden Tag. Wie Pisten mit erträglichem Aufwand in gutem Zustand zu halten sind, sieht man an Namibia.

Für die knapp 100 Kilometer bis zur Lodge müssen wir mit mindesten drei Stunden rechnen, wir werden also erst lange nach Einbruch der Dunkelheit ankommen. Wie eine Fata Morgana taucht nach eineinhalb Stunden vor uns plötzlich Asphalt auf. Und ist auch nicht nach ein paar Metern wieder zu Ende. Wir fliegen mit Tempo achtzig und sind noch im Hellen in der Molopo Lodge.

Trotzdem sollte man den Minister ...

Das Camp ist vorzüglich, das Restaurant ebenfalls, nur wenige Gäste, aber dafür um so mehr Mücken. An der Rezeption erfahren wir, dass sich das Verhältnis am Samstag umdrehen wird. Dann fallen hier hunderte von Rasern eines Wüstenrennens mit Motorrädern und Geländewagen ein.

Wir werden hier also morgen Pause machen und am Samstag sehr früh in den Nationalpark flüchten, der nur noch sechzig Kilometer entfernt ist. Hoffentlich ist da noch ein Plätzchen frei. Motorräder dürfen da nämlich nicht rein, weil sonst die Löwen zu fett werden.