Tagebuch 1

Tagebuch   2.1. bis 1.2.2006

Montag, 2.1.06 (München)    Spät kommt er, doch er kommt. Der Flieger. Dieses Mal müssen wir erst nach Düsseldorf, und da wartet unsere Maschine nach Windhoek. Auch verspätet, aber was sind eineinhalb Stunden, wenn man wochenlang Zeit hat.

Dienstag, 3.1.06 (Windhoek)    Vor ein paar Tagen wurden wir noch gewarnt: "Windhoek hat 38° im Schatten". Damals hatten wir 10° unter Null. Die Wahrheit ist viel weniger schweißtreibend. Gestern hatte München 0° und Windhoek hat 30°. Passt doch.

Die Baptis holen uns, wie (fast) immer, am Flughafen ab. Wir sind zu Hause!

Am Nachmittag ziehen wir den Bus aus dem Container. Sieht noch alles so aus, wie wir ihn verlassen haben. Doch er stinkt heftig nach Benzin, denn aus Sicherheitsgründen sind alle Tanks voll bis oben hin. Nichts für Raucher.

Mittwoch, 4.1.06 (Windhoek)    Die Hinterachsfederung ist raus! Ging wie geschmiert. Und der Ersatz ist fast schon wieder drin. Weiter so.

Leider musste Wolfgang am Nachmittag mehrfach unterbrechen. Gewitter. Es ist halt Regenzeit.

Donnerstag, 5.1.06 (Windhoek)    Jetzt hat der Bus hinten nicht nur eine neue Federung, sondern auch noch eine nigelnagelneue Bremse. Nach 28 Jahren kann man das akzeptieren.

Es ist immer noch Regenzeit, heute fast 20 mm. Man hört plötzlich ein lauter werdendes Rauschen und flieht entweder in den Container oder steht unter der Dusche. Aber wenigstens eine warme Dusche.

Freitag, 6.1.06 (Windhoek)   Die Drecksarbeiten sind geschafft und der Bus steht wieder auf seinen eigenen Rädern. Er ist ein paar Zentimeter hochbeiniger als bisher, weil die Federn jetzt strammer vorgespannt sind. Hoffentlich hält das, denn beim letzten derartigen Versuch hat sich der Federstab mit einem lauten Knall verabschiedet und wir hatten keinen Ersatz. Jetzt haben wir aber zwei Stück dabei.

Die Regenzeit macht ihrem Namen alle Ehre. Letzte Nacht 50 mm und heute noch mal 86 mm. Das ist etwa ein Drittel der Menge, die sonst in der ganzen dreimonatigen Regenzeit runterkommt. Namibia ist glücklich. Wir nicht.

In Windhoek wurde ein Auto vom Wasser von der Straße gespült und ein Stück flussabwärts wiedergefunden. Der Fahrer konnte sich retten. Also werden wir immer hübsch vorsichtig durch die zahlreichen Furten fahren und lieber mal Angst haben. An vielen Furten stehen Messbalken für die Wassertiefe, die bei der hier üblichen Trockenheit immer so überflüssig wirken.

Samstag, 7.1.06 (Windhoek)    Der Motor läuft. Noch ein bisschen rau, aber immerhin.

Zur Belohnung sind wir abends mit Elsbeth und Bapti so richtig afrikanisch zum Essen gewesen. Restaurant "Am Weinberg". Hier soll es wirklich mal einen gegeben haben. Das Essen war ganz vorzüglich.

Sonntag, 8.1.06 (Windhoek)    Auch heute hat's wieder ein paar Stunden geregnet und Namibia ist schon wieder glücklich. Wir weniger, weil wir danach immer durch den Matsch stapfen müssen.

Montag, 9.1.06 (Windhoek)    Endlich runter vom Containerplatz. Wir fahren in die Arebbusch Lodge und mieten für drei Tage ein Chalet. Das Schöne ist, dass das Chalet neben einer überdachten Terrasse auch ein Dach über dem Carport hat, so dass uns der Regen den Buckel runter rutschen kann. Wir können jetzt in aller Ruhe alles ausräumen, sauber machen und wieder ordentlich einpacken.

Es stehen noch ein paar Arbeiten "im Haus" an: ein neues Waschbecken kommt rein, denn das alte hatte sich durch die Sonne zersetzt und war undicht. Diesmal ist's aus Edelstahl, das hält länger als wir. Dummerweise hat es eine andere Größe, so dass es einen ganzen Rattenschwanz an Umbauten nach sich zieht. Im Endeffekt ist der halbe Küchenschrank neu.

Außerdem kommen in den Fahrerraum ordentliche Halogenlampen. Downlights nennt man das wohl. Denn zu einem edlen Waschbecken gehören ja auch edle Leselampen!

Dienstag, 10.1.06 (Windhoek)    Noch nicht fertig geworden.

Mittwoch, 11.1.06 (Windhoek)    Immer noch nicht fertig geworden. Es ist doch eine ganze Menge mehr Fummelarbeit als gedacht.

Donnerstag, 12.1.06 (Windhoek)    So allmählich wird's. Bis auf ein paar Kleinigkeiten und den Großeinkauf sind wir durch. Deshalb und wegen des trockenen Wetters ziehen wir auch auf das zur Lodge gehörige Camp um.

Doch heute Nacht kommt's richtig dicke. Gewitter von allen Seiten. Wir lagen schon im Bett und waren froh, nicht mehr unterwegs zu sein, als es in Strömen vom Himmel rauscht. Nach einiger Zeit wurden wir ein wenig misstrauisch, als es immer weiter rauscht, obwohl der Regen schon nachgelassen hatte. Auf den Fahrersitz gekrabbelt, Scheinwerfer an und vor uns ist da plötzlich ein reißender Fluss, wo wir vor einigen Stunden noch Brennholz gesammelt haben. Schmutzig braunes Wasser, Schaum an den Seiten und über 10 m breit. Der nimmt jedes Auto mit, das im Wege steht.

20 cm unter unserer Standfläche steigt die Flut glücklicherweise nicht mehr weiter an. Trotzdem hüpfen unsere Nachbarndb_Img00330_Arebbusch_neu in Badehose aus ihrem Wohnwagen, hängen ihn an den Haken und ziehen ihn durch den Matsch weiter bergauf. Wir beschließen, stehen zu bleiben und die Sache im Auge zu behalten, denn das Risiko, im Matsch stecken zu bleiben, ist ja auch nicht ohne. Wenn's weiter stark regnet, müssen wir uns halt mit Gewalt durch den Matsch arbeiten.

Ist aber nicht nötig. Die neben uns gelegene Furt ist zwar immer noch unpassierbar, doch inzwischen nur noch einen halben Meter hoch. Und sie sinkt weiter.

Am nächsten Morgen ist nichts mehr von der Flut zu sehen, so, als hätte es nie geregnet. Am Nachmittag gibt es das gleiche Schauspiel noch einmal.

Freitag, 13.1.06 (Windhoek)    Heute ist Freitag, der Dreizehnte, und der Tag macht seinem Ruf alle Ehre. Eigentlich wollten wir morgen abfahren, doch wir haben einen unangenehmen Ausfall zu beklagen. Der Kühlschrankkompressor tut's nicht mehr. Nix Kompressor, nix kalt im Kühlschrank, nix gut in Afrika. Also klappern wir noch einige Werkstätten für Kühlgeräte ab. Uns kann zwar keiner helfen, aber jeder kennt einen, der es vielleicht könnte. Und die letzte Adresse hört sich sehr erfolgversprechend an. Leider treffen wir niemanden mehr an. Also morgen.

Samstag, 14.1.06 (immer noch Windhoek)    Wir sind rechtzeitig bei der Werkstatt (... und stellen fest, dass wir gestern auf der falschen Straßenseite gesucht haben. Grrrr). Der Chef, Christos, macht auch einen sehr guten Eindruck und hat auch das richtige Füllmittel. Freu!! Nach einer halben Stunde ist das System gefüllt und kühlt wieder wie verrückt. Er bietet uns an, in ein paar Stunden noch einmal vorbei zu kommen und das System zu testen.

Der Test war erfolgreich und wir beschließen nun endgültig, morgen gen Süden aufzubrechen. Wir wollen als erstes in Südnamibia über die Grenze nach Südafrika in den Kgalagadi Nationalpark fahren. Da haben wir schon sehr schöne Erlebnisse gehabt, aber auch schon gar nichts gesehen, so wie letztes Jahr.

Sonntag, 15.1.06 (Windhoek ade)    Es fängt gut. Wir können es nicht mehr hören! Schon wieder kein Kühlschrank! Also ist das System offensichtlich undicht. Doch wir haben keine Lust mehr, morgen auch noch hier zu sein und werden irgendwo in einer anderen Stadt einen Reparaturversuch starten.

Nachdem wir uns von Anettes Tante und Onkel verabschiedet haben, sind wir am Nachmittag endlich auf der Straße. Wurde aber auch Zeit.

Im Kühlschrank steht ein kleiner Eimer mit Eis, der kühlt notdürftig, solange der Eisnachschub klappt.

Am Abend gönnen wir uns ein wenig Luxus. Wir übernachten in der Kalahari Anib Lodge. Mitten in der Wildnis gelegen, jeder Platz hat eine eigene Dusche, eigenen Toilette, ein trockenes Überdach und einen Feuerplatz. Alles liebevoll eingerichtet. Und hundert Meter weiter ist erst der nächste Stellplatz. Einsamkeit mit allem Komfort.

Am Abend hat sich Anette aufgebrezelt, Wolfgang hat auch eine ordentliche Hose und feste Schuhe angezogen. Denn es gibt ein fürstliches Diner. So richtig mit Tischdecken, Kerzen, Serviettenringen, einem Haufen Besteck, mehreren Gängen, sehr gutem Rotwein und verdammt gutem Essen. Was will man mehr?

Ein Angestellter übersetzt die Menüfolge in Nama, damit wir auch einmal hören, mit welcher Sprache die Buschleute sprechen. Das Besondere an Nama sind die vielen Klicklaute, die die Sprache für uns Europäer unaussprechbar machen. Doch es hört sich phantastisch an. Normalerweise kriegen wir diese Sprache nur im Vorbeigehen mit, denn in unserem Beisein bemühen sich die Buschleute immer um Englisch.

Jetzt hat Afrika angefangen!

Montag, 16.1.06 (Mariental)   Wir lassen es sehr langsam angehen und versuchen am Mittag, im nahegelegenen Mariental unseren Kühlproblemen auf die Spur zu kommen. Sind leider keine guten Nachrichten. Bei einem Drucktest fällt unser Kompressor glatt durch. Also definitiv undicht bzw. kapuuut, wie man uns erklärt. Man meint aber, es wäre keine große Reparatur. Wenn die wüssten! Um an den Sch...Kompressor ranzukommen, muss man nämlich erst die halbe Einrichtung leer räumen und demontieren. Und genau dazu haben wir bei 35°C überhaupt keine Lust. Zumal es heute auch ausnahmsweise noch nicht geregnet hat.

Wir fahren gut zweihundert Kilometer weiter nach Keetmanshoop, dem Hauptort im Süden. Unterwegs kommen uns Zweifel, ob es wirklich so eine gute Idee ist, an jeder besseren Tankstelle nach Eis zu fragen. Denn richtig kalt wird es in unserem Brutschrank nicht. Mehrere Liter Milch haben schon das Zeitliche gesegnet.

Nach kurzem Durchfragen landen wir in Keetmanshoop bei einer Werkstatt, die eigentlich alles repariert. Neben Kühlgeräten auch Flugzeuge, Autos, kaputte Schlösser, Wassertanks. Warum nicht auch unseren Kompressor.

Wir entschließen uns zu einer Radikalkur. Am nächsten Morgen werden wir ihm das Aggregat hinstellen und einen Reparaturversuch wagen. Für uns heißt das: zwei Tage pures Chaos. Wir müssen die Hälfte unserer Stauräume freimachen, das Zeug irgendwo im Auto deponieren, db_Img00314_Keetmanshoop22einige Möbel ausbauen und mit vielen Verrenkungen hinter den Möbeln das Mistding rausoperieren.

Selbstverständlich fängt es mittendrin an zu schütten. Wie aus Eimern. Im Nu steht der Bus in einem See.

Nach drei Stunden haben wir es geschafft! Das Ding sieht zwar völlig verdreckt aus, doch es hat keine erkennbaren Schäden. Insbesondere müsste der Gasaustritt ölige Spuren hinterlassen haben, aber es ist nichts zu entdecken. Sehr dubios.

Für die Nacht können wir notdürftig unser Bett im Bus fertig machen, aber das Chaos ist maximal. Wir wissen nicht mehr, was wir wo gestapelt haben. Glücklicherweise passt der Nachtwächter des Camps auf ein paar Sachen von uns auf, sonst hätten wir im Sitzen schlafen müssen.

Gute Nacht.

Dienstag, 17.1.06 (Keetmanshoop)   Jetzt wissen wir wenigsten, wo das Leck ist. Leider ist in der ganzen Stadt keine Ersatzdichtung aufzutreiben. Deshalb bauen wir eine alte Dichtung ein, die ich mir für den Notfall nach der letzten Reparatur vor sieben Jahren hatte geben lassen. Und siehe da, er läuft und hält den Druck. Jetzt nur noch einbauen und freuen.

Nachdem wir alles vorbereitet haben, noch ein letzter Test. Und schon wieder das alte Lied. Die Kiste klappert, als wäre sie wieder leergelaufen. Anette flitzt rüber zur Werkstatt und erwischt den Chef noch kurz vor Feierabend. Als er bei uns eintrifft, sieht er, in welcher Stimmung wir sind und bietet uns ein Streichholz zum Anzünden des Autos an. Fast hätten wir es genommen.

Die letzte Hoffnung ist, dass wir zu wenig Gas eingefüllt haben. Also füllen wir nach. Alles funktioniert. Als Härtetest lassen wir das Ding (wir können das Wort Kompressor nicht mehr aussprechen, ohne Pickel zu kriegen) bei ihm in der Werkstatt bis morgen früh durchlaufen. Entweder er tut's oder Streichholz.

Die zweite Nacht im Chaos und sehr unruhiger Schlaf.

Mittwoch, 18.1.06 (Keetmanshoop)   Punkt sieben Uhr will Wolfgang in der Werkstatt sein. Der erste Test unseres neu eingebauten Weckers.

Der Wecker funktioniert. Und unser Kompressor auch!!!!

Mit der Aussicht auf ein selbstgekühltes Bier geht der Einbau zügig voran. Nur unterbrochen durch einen Tropenregen (ja, ja, Namibia ist schon wieder glücklich) sind am Mittag die meisten Möbel wieder dort, wo sie hingehören und auch die ersten Sachen sind verpackt. Den Rest werfen wir irgendwo ins Auto und fahren raus in die Quivertree Forest Lodge. Es soll ein sehr schönes Camp sein. Wir brauchen jetzt ein bisschen Luxus. Dort wollen wir alles wieder reisefertig machen.

Es ist wie versprochen. Sehr schöne Landschaft, tolle Köcherbäume (engl. Quivertree), gutes Camp. Fast leer, wie alle bisherigen Camps.

Am Nachmittag ziehen üble Wolken auf und in Minutenschnelle fließt es rings um uns. Wir konnten unsere Sachen gerade noch ins Auto zurückwerfen. Dummerweise stehen wir in einer kleinen Vertiefung, die schnell zu einem Bachlauf wird. Als zwei von unseren Rädern langsam wegrutschen, flüchten wir mit einem Schnellstart zu einem Duschhäuschen. Auf dessen Dach thront ein großer Siemens-Sonnenkollektor. Wenn das kein gutes Omen ist...

db_Img0031922Rechts und links vom Duschhäuschen haben sich zwei richtige Flüsse gebildet. Mit dem Auto unpassierbar. Doch das Häuschen steht auf  einer sicheren Insel und unter dessen Vordach wird es noch ein ganz angenehmer Abend. Hinter dem Häuschen staut sich ein mehrere hundert Meter großer See, den die Frösche auch sofort in Besitz nehmen.

Die Nacht ist kalt. Das Thermometer fällt fast bis auf 20°C. db_Img00318_Qivertree22Wir brauchen einen Pullover. Und schlafen gut.

Donnerstag, 19.1.06 (Quivertree Lodge)   Ein Stellplatz steht immer noch einen halben Meter unter Wasser und auch der See ist unvermindert groß. Doch der Rest ist nur noch etwas matschig, ansonsten ist es ein schöner Tag.

Wir beschließen, noch einen Tag dranzuhängen.

Am Nachmittag kommt der Chef der Lodge vorbei, um zu sehen, ob es größere Schäden gegeben hat. Auf seinem Minimotorrad mit einem Papagei auf der Schulter und dem neben her rennenden Windhund sieht er fast aus wie aus dem Seeräubermärchen. Sehr nett und hilfsbereit.

Doch das war nicht der einzige Besuch der besonderen Art. Unvermittelt steht ein Warzenschwein vor uns. Ein ziemlich großes Vieh, doch offensichtlich zahm. Vorher hatte es von dem reichlichen Angebot an Schlamm üppigen Gebrauch gemacht und jetzt will es schauen, ob es bei uns was zum Essen abzustauben gibt. Wir verteidigen uns heldenhaft und bringen alles in Sicherheit. Gut, dass es nicht gerade zum Frühstück kam. Später erfahren wir, dass es schon ganze Grills leergefressen hat.

Nach Einbruch der Dunkelheit kommen noch drei große Skorpione vorbei, die Anette endgültig in den Bus vertreiben. Nicht ohne intensiv darüber nachzudenken, ob Skorpione auch in den geschlossenen Bus kriechen können.

Und als letzter Besuch, der Wolfgang dann auch ins Bett treibt, beehren uns hunderte von tollpatschigen Käfern, die durch unser Licht angelockt wurden. Die meisten liegen auf dem Rücken und strampeln mit den Beinen, weil sie sich bei der Landung überschlagen haben. Zudem haben sich etliche Geckos eingefunden, die fressen, was sie kriegen können. Unser Lampe beschert ihnen ein wahres Festessen. Wenn es uns gut geht, warum dann nicht auch anderen ...

Freitag, 20.1.06 (Quivertree Lodge)   ... zu den anderen gehören auch zwei Dutzend Webervögel, die genau wissen, dass vom Frühstückstisch der eine oder andere Krümel abfällt. Man glaubt gar nicht, wie viel Anette beim Essen krümeln kann.

Nachmittags brechen wir aus Keetmanshoop auf. Immer gen Osten Richtung Kalahari. Gewitter vor, neben und hinter uns. Doch über uns fast immer Sonnenschein. 35°C und eine sehr angenehme Piste.

Halb sieben sind wir an der Grenze. Alles schon geschlossen, denn hier in der db_Img00334_Grenze_NAM-RSA22Wildnis ist die Grenze nur von 8 bis 16 Uhr geöffnet.

Ein nebenan wohnender Grenzer bietet uns an, unter einem Vordach des Zollgebäudes zu übernachten. Sehr gute Idee, sogar die Toiletten des nicht abgeschlossenen Gebäudes dürfen wir benutzen.

Denn kaum haben wir den Motor aus, kommen schon die ersten Tropfen. Am sichersten Ort der Welt, im Niemandsland zwischen den Schlagbäumen Namibias und Südafrikas, schaffen wir gerade noch ein paar Schlucke unseres Sundowners, dann treibt uns der Regen unters Dach. Die Abkühlung ist angenehm und Namibia ein letztes Mal glücklich. Ab morgen ist Südafrika glücklich, wenn es regnet.

Samstag, 21.1.06 (Kgalagadi-Nationalpark)    Pünktlich wie die Preußen! 5 vor 8 kommt der Polizist und hisst die Flagge, um 8 Uhr werden wir abgefertigt. Sehr höflich, sehr freundlich, eigentlich wie immer. Wir bedanken uns noch für den angenehmen Übernachtungsplatz und schon klappert unser Auto über südafrikanische Pisten. Warum die Südafrikaner Pisten nicht so gut bauen können wie die Namibianer, wird uns ewig schleierhaft bleiben. Selbst bei 20 km/h klappert das Auto, als würde es gleich auseinanderfallen, so sehr wird es vom Wellblech durchgeschüttelt. Hier kann man nur schleichen (wie wir) oder rasen, denn ab 70 km/h fliegt man über das Wellblech und berührt nur noch die Berge der Wellen. Aber das ist lebensgefährlich.

Zur Abwechslung gibt's mal keine harten Wellen, sondern weichen Matsch. Der Regen der letzten Nacht macht die Überquerung einer Trockenpfanne zur reinsten Schlitterpartie. Um nicht vom Damm zu rutschen, hält man sich am besten immer in der Pistenmitte. Und genau da ist der Matsch am tiefsten. Nach 10 Kilometern sind wir durch und haben uns ein ordentliches Frühstück verdient.

db_Img00337_Schlamm_ohne_M-KE22db_Img0033822Ein Blick unter den Wagen zeigt, dass wir uns eine dicke klebrige Matschschicht aufgeladen haben. In den Radkästen sind nur noch die Räder frei, der Rest ist ausgefüllt. Als Frühsport prokeln wir das Gröbste raus, denn wenn das Zeug erst einmal hart ist, dann ist es wie Beton (im Nachhinein war diese Aktion völliger Blödsinn, denn der Nachmittag beschert uns noch genug Wasser zum Rausspülen).

db_Img00339_Kobra22Ein paar Kilometer weiter liegt eine dicke Schlange auf der Piste. Als wir ihr zu nahe kommen, geht sie in die typische Abwehrhaltung einer Kobra und macht sich breit. Wir sind schwer beeindruckt, unsere erste Kobra. Wir dachten, die gibt's nur in Asien.

Gegen Mittag erreichen wir den Kgalagadi Nationalpark. Da es noch früh ist, beschließen wir, in eines der weiter entfernten Camps zu fahren. Weitere 170 km Wellblechpiste. Doch egal, vielleicht sehen wir ja auch noch ein paar nette Tierchen.

Die Landschaft ist jedenfalls beeindruckend, rote Dünen, durch den Regen wirken sie ganz besonders rot, und darauf für hiesige Verhältnisse üppiges Grün. Tiere sehen wir neben den üblichen Verdächtigen kaum. Gnus, Oryx-Antilopen, Springböcke (alle schmecken ganz nebenbei auch gut), außerdem ungewöhnlich viele Schakale.

Plötzlich steht Wasser auf der Piste. Nicht viel, aber in der Kalahari immer eine Überraschung. Und da die Piste auf Sand verläuft, gibt's auch keinen klebrigen Matsch, sondern das Zeug fällt nach dem Trocknen einfach wieder ab. Perfekt. Nach ein paar Kilometern sind wir richtig sauber gespült

Inzwischen fahren wir im Konvoi mit zwei Pkws, dummerweise sind wir vorn, also sind auch wir immer die ersten, die durchs Wasser müssen. Denn das ist inzwischen ziemlich heftig geworden, doch wir vertrauen drauf, dass wir nach dem vielen Wasser in Moçambique letztes Jahr hier nichts Schlimmeres erleben. Zu Recht. Kurz vor Toresschluss um 19:30 Uhr trudeln wir in unserem Camp ein, haben das Auto prima saubergespült und Null Bock auf weitere Pistenfahrten.

db_Img00343_Fuettern30Sonntag, 22.1.06 (Kgalagadi-Nationalpark)    Heute ist Sonntag. Wir werden den Motor nicht anmachen und wollen auch keine Tiere suchen. Statt dessen vergnügen wir uns mit zahlreichen Erdhörnchen, Webervögeln, Glanzstaren und Co., die uns um die Beine flitzen und sehr schnell begriffen haben, wie man Anette das letzte Stück Brot aus der Tasche zieht. Es ist wirklich ein großer Spaß.

Montag, 23.1.06 (Kgalagadi-Nationalpark)   5:30 Uhr rappelt der Wecker, kurz nach 6 sind wir auf der Piste. Tiere angucken.

Nach ein paar Kilometern ein Wasserloch, aber keine Nase lässt sich blicken. Plötzlich haut mir Anette auf den Oberschenkel. Keine 20 m von uns entfernt steht eine Löwin und schaut zu uns rüber. Und noch eine. Und eine dritte. Zudem kommen sie alle auf uns zu gelaufen. Wow, das fängt gut an.

Die dritte Löwin bleibt etwas zurück und ruft. Dann sehen wir auch den Grund; zwei Kleine kommen über den Hang getrollt. Offensichtlich stören wir sie nicht, sie dürfen ohne Mami ganz alleine direkt an unserem Auto vorbei laufen.

Sicherheitshalber kurbeln wir die Fenster ein wenig hoch. Ein ziemlich sinnloser Reflex, denn eine Glasscheibe stellt für eine Tatze kein ernsthaftes Hindernis dar. Doch Löwen greifen keine Autos oder Zelte an. Hoffen wir.

Wer die eigentliche Mutter ist, wissen wir nicht. Immer wieder spielt eine andere Löwin mit den Kindern, schubst sie um oder leckt sie. Ein richtiges Idyll, schön anzuschauen. So kann der Tag weitergehen.

Gegen 9 Uhr suchen wir uns eine große freie Fläche, um zu frühstücken. Da wir bei der Hitze den Kocher für das Kaffeewasser und die Toasts nicht im Auto haben wollen, brauchen wir einen freien Blick auf die Umgebung. Man weiß ja nie, wer zum Frühstück kommt ...

Diesmal sind es allerdings nur ein paar kleine Nager, die im Boden leben (möglicherweise heißen sie auf deutsch Pfeifratten). Den meisten ist es inzwischen schon zu heiß, immerhin fast 35°C.

Mittags sind wir wieder zurück und wollen am Nachmittag in ein anderes 160 km entferntes Camp wechseln. Da sollen noch mehr Tiere sein. Schauen wir mal.

Außerdem haben wir die Hoffnung, dass die Pfützen von vor zwei Tagen ausgetrocknet sind. Sind sie, doch ein paar Kilometer weiter hat es erneut geregnet. Und zwar ziemlich kräftig. Die Wasserlöcher sind richtige kleine Seen, manchmal mehrere hundert Meter lang. Doch irgendwie kommen wir immer wieder am anderen Ende an, wenn auch mit absterbendem Motor.

Und schon wieder rennt uns eine Kobra über den Weg.

Der anfänglich aufmerksame Blick nach rechts und links wird zunehmend müder und wir konzentrieren uns darauf, die Spur mit dem wenigsten Gerappel zu finden. Hier würde ein wenig Pistenpflege Wunder wirken.

Nach fünf Stunden Rütteln sind wir da, in Mata Mata, einem abgelegenen Camp direkt an der Grenze zu Namibia. Von hier sind es keine 500 km bis Windhoek, doch da man sich zwischen Südafrika und Namibia nicht über die Öffnung des Grenzüberganges einigen kann, mussten wir das Doppelte fahren. Und zudem noch auf mieser Piste.

Egal, jetzt sind wir hier, mit uns noch ein einziger anderer Gast, wir haben einen schönen Platz mit allem Komfort (Dusche, Strom, Grillplatz, Swimmingpool) und werden die Zeit genießen.

Es stellt sich heraus, dass wir den anderen Gast noch vom letztem Jahr kennen. Walter, ein Belgier, ist jedes Jahr für ein paar Monate hier, von Beruf Naturschutzlehrer und er gibt uns eine Menge Tipps.

Das eigentliche Abenteuer des Tages steht uns noch bevor. Der Sonnenuntergang. Nicht wegen der romantischen Stimmung oder des obligatorischen Sundowner-Drinks, sondern weil mit uns noch Millionen fliegender Ameisen und Motten den kühlen Abend genießen wollen. Sie schwärmen wie verrückt. Die größten sind drei Zentimeter lange Würste mit Flügeln, die völlig unbeholfen auf allem landen, was ihnen in den Weg kommt. Abwehr ist vollkommen zwecklos, sie sind überall. Eine Zeit lang versucht Anette, den Innenraum des Busses frei zu halten. Keine Chance. Später erfahren wir, dass wir zufällig keine fünf Meter entfernt von ihrem Flugloch stehen. Pech gehabt. Es hätte ein so schöner Abend werden können.

Leider hatten wir während der Fahrt zwei Ausfälle, einer der Füße unseres Dachträgers ist komplett durchgebrochen und ein Reifen ist platt. Damit wir morgen bei Sonnenaufgang wegkommen, müssen die beiden Sachen noch heute abend erledigt werden. An sich kein Problem, doch diesmal ohne Licht und immer wieder mit einer Tanzeinlage, damit Wolfgang die Viecher aus Ärmeln, Hosenbeinen und Halsausschnitt schütteln kann.

Weil wir ihnen den Innenraum des Busses mehr oder weniger überlassen mussten, schlafen wir unter unserem Moskitonetz.

Dienstag, 24.1.06 (Kgalagadi-Nationalpark)   Die morgendliche Tiersuche fängt gut an. Nach ein paar Kilometern kommt ganz majestätisch ein stattlicher Mähnenlöwe über die Dünen. Wir folgen ihm bis zum Wasserloch. Er ist offensichtlich satt, denn er haut sich nach dem Saufen aufs Ohr. Nicht gerade die Action, die wir erhofft hatten.

Wenige Kilometer weiter steht Walter mit seinem Landrover am Rand der Piste und kriecht drunter. Der Wagen lässt sich nicht mehr schalten, es knirscht nur noch ganz ungesund. Es ist kein äußerlicher Schaden zu sehen. Mit etwas Fummeln kann er den Wagen zwar bewegen, doch ganz offensichtlich ist eines der drei oder vier Getriebe defekt. Inzwischen ist auch der altehrwürdige Landrover ein Haufen filigraner Technik und Elektronik. Walter wird um einen Werkstattbesuch in der nächsten Kleinstadt Upington nicht herumkommen, das sind 16 Stunden Fahrt hin und zurück, als müsste man von München nach Hamburg zur Reparatur.

Dann finden wir keine aufregenden Tiere mehr und machen an einem schönen Platz unser Frühstück. Gerade als wir fertig sind, kommt ein Südafrikaner vorbei und erzählt uns ganz aufgeregt, dass keine zwei Kilometer entfernt ein Leopard im Baum sitzt.

Wenn wir nicht genau gewusst hätten, wo er auf dem Ast liegt, wir hätten ihn nicht entdeckt. Leider ist er genau so schläfrig wie der Löwe. Und nach einer halben Stunde sind wir es auch. Anette lümmelt im Fahrerraum, ich bei offener Schiebetür hinten und alle fünf Minuten hebt einer von uns eine Augenbraue und stellt fest, dass der Leopard noch dasselbe tut wie wir. Allerdings hängt er ungleich eleganter über dem Ast als wir im Auto.

Am Abend erwarten wir die gleiche Invasion wie gestern (natürlich haben wir uns wo anders hingestellt), doch sie bleibt aus. Es gibt ja auch nichts zu reparieren!!!!

In der Nacht kommt noch eine Löwin ans vor uns gelegene Wasserloch. So soll's sein.

Mittwoch, 25.1.06 (Kgalagadi-Nationalpark)   Heute wollen wir in ein anderes Camp umziehen, gut hundert Kilometer entfernt. Auf dem Weg dorthin sehen wir plötzlich eine afrikanische Wildkatze, die Urmutter unserer Hauskatzen, auf der Piste hin und her hüpfen. Zunächst nehmen wir an, dass sie mit einer Maus spielt. Beim Näherkommen entpuppt sich die Maus jedoch als Puffotter, bzw. Puffötterchen, nur 30cm lang und fingerdick, aber trotzdem tödlich giftig. Es ist für die Schlange ein Kampf auf Leben und Tod, der nach wenigen Minuten im Magen der Wildkatze sein Ende findet. Die Katze lässt nichts übrig.

Irgendwie scheinen alle satt zu sein, auch die fünf Löwinnen, die wir neben einem Baum entdecken. Dösend und fett. Vielleicht sollten wir am nächsten Morgen noch mal nach ihnen schauen.

Heute haben wir keine Lust auf Essen kochen. Wozu gibt es Restaurants? Danach geht es uns wie den Löwinnen.

Donnerstag, 26.1.06 (Kgalagadi-Nationalpark)   Unser letzter Tag hier. Wir wollen morgens um sechs mit einem Südafrikaner nach Erdmännchen suchen. Vor wenigen Jahren waren diese possierlichen Tierchen hier noch häufig zu sehen, doch die meisten sind in den Fluten 2001 und 2004 ertrunken. Ein seltener Tod in der Kalahari. Da die Flüsse hier praktisch nie Wasser führen, hatten sie ihre Bauten immer weiter ins eigentliche Flussbett verlegt. Fast wie die Häuslebauer in Bayern. Doch dann kam der Regen...

Wir sehen jedenfalls keine mehr. Stattdessen plötzlich hektische Bewegungen des Südafrikaners. Unmittelbar vor uns kommt ein Leopard in aller Ruhe über die Piste gelaufen, geht zum Wasserloch und verschwindet nach dem Saufen wieder. Boah. Da Leoparden nachtaktiv sind, braucht man verdammt viel Glück, um sie bei Sonnenschein zu sehen.

db_Img00375_Loewen_und_Anette30Und weil's so schön ist, liegt auch noch ein Rudel Löwen an der db_Img00377_Loewen_vorn30Piste. Wir fahren ein Stück weiter, um Kaffee zu kochen und stellen uns dann 10 m neben sie zum Frühstücken. Das hat was. Sie fühlen sich überhaupt nicht gestört und kommen mit dem wandernden Schatten des Baumes immer näher. Es läuft etliches an Filmmaterial durch die Kamera.

Viel zu spät kommen wir aus dem Nationalpark raus. Wir wollen Richtung Botswana und Okavango-Delta. Nach 10 km auf der wirklich schlimm ausgefahrenen Wellblechpiste sehen wir einen Grader an der Arbeit. Das ist so ein unförmiges Baufahrzeug mit einem breiten Pflug zwischen den Achsen. Damit schiebt er die Erde von einer auf die andere Seite der Piste und macht sie glatt. Das Ergebnis ist fast eine Autobahn. Wir fliegen im vierten Gang drüber, den wir seit Tagen nicht mehr benutzen konnten. 75 anstatt 25 km/h!!! So könnte es weitergehen.

Es kommt noch besser. Asphalt. Der erste seit 1200 km. Wir hören unseren Motor wieder, nichts klappert oder rüttelt, man muss nicht ständig nach der besten Spur suchen. Tolles Gefühl. Leider nur für 13 km, aber es reicht, um sich wieder an richtige Straßen zu erinnern.

Danach wieder wie gewohnt, doch meist auf gut gepflegter Piste. Am Abend klemmen wir uns an die Seite einer Nebenpiste. Es ist eine ruhige und kühle, weil regnerische Nacht. Nur ein einsamer Reiter prescht im Dunkeln vorbei. Dann rührt sich nichts mehr.

Freitag, 27.1.06 (Molopo Nature Reserve)   Der Reiter kommt beim Frühstück wieder zurück, grüßt freundlich und verschwindet hinter dem nächsten Hügel. Um 9 das erste Auto. Hier ist wirklich nichts los.

Die Landschaft erinnert an Nordeuropa, der Regen hat alles grün gemacht, überall blüht es, wir fahren zeitweise durch einen richtigen Teppich, doch das alles ist in längstens drei Monaten wieder sandige staubige Kalahari.

Mittags sind wir in der Molopo Nature Reserve, direkt an der Grenze zu Botswana. Alles scheint verlassen, nur ein paar Hunde bellen. Nach einer Stunde kommt ein Arbeiter vorbei und erklärt uns, dass der Chef für ein paar Tage weg ist, denn wir sind die ersten Gäste seit drei Wochen. Wir bezahlen ein paar Euro für das Camp, er befreit die Toiletten und Duschen vom angewehten Sand und wir werden uns hier auf den 1000km-Ritt ins Okavango-Delta vorbereiten. Das Auto hat nach den Strapazen der letzen 1500 km ein wenig Pflege nötig. Wir auch.

Am Abend kurven wir noch ein wenig in dem 25 Quadratkilometer großen Schutzgebiet herum. Außerhalb der Regenzeit gibt es hier nur tiefsandige Fahrspuren, jetzt trägt der Sand dank der Feuchtigkeit gut. Doch was nutzen die schönsten Pisten, wenn sich das Viehzeug nicht blicken lässt. Hier gibt es außer Elefanten und Löwen so ziemlich alles, doch wo? Selbst nach einer Stunde Pause an einem Wasserloch hat sich nichts hervorgewagt.

Uns reicht's. Vielleicht sehen wir vom Camp aus noch etwas. Das ist ja nicht eingezäunt, vielleicht tut uns ein Gepard oder eine Hyäne den Gefallen.

Samstag, 28.1.06 (Molopo Nature Reserve)   Taten sie aber nicht. Wir konnten sie zwar hören, aber nicht sehen.

Heute kein Auto fahren. Heute großen Service machen und Wäsche waschen. Selbst unser Anlasser bekommt die nötige Pflege, denn er machte dank eingedrungenem Wasser und Sand ab und zu ganz erbärmliche Geräusche. Jetzt schnurrt er wieder.

Sonntag, 29.1.06 (Grenze Südafrika-Botswana)   An sich wollten wir sehr früh los. Doch daraus wird nichts, weil wir gestern vergessen hatten, dass sich unser Kocher nicht mehr regeln lässt. Bei Kaffeewasser kein Problem, aber Toast wird innerhalb von Sekunden zu Brikett. Und ohne Toast kein richtiges Frühstück.

Die Düsennadel ist völlig verbogen und wir schleifen aus einer alten Nähnadel eine neue. Jo mei, ist das ein Gefummele. Doch irgendwie klappt's, die Nähnadel regelt sogar besser als die originale. Frühstück kann kommen.

Noch ein paar Stunden Wellblechpiste, dann stehen wir an einem kleinen Grenzübergang nach Botswana, müssen dem Zöllner erklären, was er bei unseren Papieren ausfüllen muss und was nicht (er glaubt's uns natürlich nicht und fragt in der Zentrale nach, doch dann nickt er freudestrahlend und wir dürfen fahren). Er wollte immer wissen, wie viele Leute wir transportieren und konnte nicht verstehen, dass man so ein Auto nur zu zweit benutzt.

Asphalt!!!!!

Wunderschöner, schlaglochfreier Asphalt. Links und rechts ein Blütenmeer und frisches Gras, soweit das Auge reicht. Es ist dicht besiedelt, immer wieder Dörfer aus Rundhütten, doch auch hier ziehen eckige Bauten und Wellblechdächer ein. Wer kann's den Leuten verdenken.

Nach einigem Herumfragen finden wir die einzige Tankstelle der Gegend, der Tankwart kommt aus der nebenan gelegenen Bar und reicht uns den Zapfschlauch durch den Zaun. Aber wenigstens ist die Pumpe elektrisch und der arme Kerl muss nicht von Hand pumpen.

Der Bus rollt. Jede Stunde 70 bis 80 km. Dieses Gefühl hatten wir seit fast zwei Wochen nicht mehr.

Während des Abendessens in einem Restaurant fängt es wie aus Eimern an zu regnen. Gegen ein kleines Entgelt dürfen wir hinter einer Tankstelle übernachten und setzen keinen Fuß mehr vor die Türe.

Montag, 30.1.06 (Trans-Kalahari-Highway)   Wir wachen in einem See auf, die ganze Tankstelle steht unter Wasser, doch das stört hier niemanden. Wasser ist gut, viel Wasser ist besser. Es kommen auch wieder trockene Zeiten.

Frühstück machen wir auf einem der Rastplätze, die in unregelmäßigen Abständen angelegt sind. Sehr ordentlich, mit Tischen und Bänken und natürlich einem Schattenbaum. Als wir gerade fertig sind, kommt ein Haflinger vorbei. Nein, kein Pferd, sondern ein sechsradgetriebener österreichischer Geländewagen (offiziell heißt er wohl Pinzgauer), etwas größer als unser Bus und fast genauso alt.

Mit Münchener Nummernschild!

Die beiden Insassen, Trauti und Emil, sind zwei sehr nette Leute unseres Alters, die genau wie wir ihr Auto hier unten stehen haben, ein paar Monate damit herumreisen und dann wieder zurückfliegen. Wir stellen noch etliche weitere Gemeinsamkeiten fest und beschließen, uns in München mal zu einem Gedankenaustausch zu treffen. Sie kommen gerade aus Angola, schon allein deshalb haben wir großes Interesse, denn das haben wir auch noch vor.

Leider fahren sie zur Zeit genau dahin, wo wir herkommen und müssen in gut einer Woche zurück, so dass sich unsere Wege wieder trennen.db_Img00385_gruener_Highway30

Der Trans-Kalahari-Highway ist eine ziemlich lange und einsame zweispurige Asphaltstraße. Damit man sehen kann, ob Tiere von der Seite kommen, sind 20 m beiderseits der Straße von Büschen freigehackt. Links grüne Wiese, rechts grüne Wiese, vorne niemand, hinten niemand. Von Münchenern abgesehen. Nur ein halbes Dutzend kleine Orte auf 500 km.

Noch vor wenigen Tagen hätten wir uns nach so einer Straße die Finger geleckt, doch wenn man stundenlang auf ihr fährt, wird's ein wenig langweilig.

Im Gegensatz zu Namibia hat Botswana fast keine Weidezäune. Wir teilen den Highway mit zahlreichen Rindern, Eseln, Pferden, Schafen, Ziegen und einigen wenigen anderen Autos. Die Tiere sorgen dafür, dass unsere Kotflügel ihrem Namen wieder alle Ehre machen und die Kurverei um die Haufen gibt ein wenig Abwechslung.

Etwas anderes ist viel unangenehmer: die Kurverei um die Tiere. Insbesondere die Esel stehen störrisch mitten auf der Straße herum und bewegen sich erst, wenn man unmittelbar vor ihnen steht. Das hat auch ‘was Gutes, denn wenn man nicht direkt auf sie zuhält, kann man kann sicher sein, dass sie bleiben wo sie sind. Im Gegensatz zu Rindern und Pferden. Da weiß man nie, ob sie nicht in letzter Sekunde auf die andere Seite springen. Also, von 80 Stundenkilometern runterbremsen, langsam an ihnen vorbei fahren, Gas geben und nach zwei Kilometern, wenn sich unsere Wanderdüne wieder auf 80 hochgearbeitet hat, genau da stehen die nächsten Tiere!!!

Doch wir wollen nicht klagen, wir kommen zügig voran.

Am späten Nachmittag und 550 km weiter sind wir Maun, der Hauptstadt des Okavango-Deltas. Hier in der Nähe gibt's mehrere sehr schöne Nationalparks. Wir wollen uns einen Geländewagen mieten (Anette hat keine Lust, unser Auto freizubuddeln, wenn wir im Sand festsitzen). Außerdem hatte man uns den Tipp gegeben, mit einem Einheimischen Führer zu Fuß für ein paar Tage in die Sümpfe zu gehen.

Das Maun Rest Camp, in dem wir in den letzten Jahren immer übernachtet haben, existiert noch und wir sind die einzigen Gäste. Der daran vorbeiführende Fluss hat Wasser. Das haben wir seit Mitte der neunziger Jahre nicht mehr erlebt. Auch der Platz, wo wir sonst immer gestanden haben, ist völlig überwuchert, Grün, wohin man schaut. Der Besitzer erzählt uns, dass sie schon reichlich Regen gehabt hätten, obwohl die nassesten Monate noch bevorstünden. Endlich mal wieder ein Jahr, wo das Delta Zulauf bekommt. In den letzten Jahren hatten sich die Sümpfe immer weiter zurückgezogen. Der Haken an der Sache: die Nationalparks im Okavango-Delta können wir uns abschminken, das Grün versteckt jeden Elefanten und einige der Pisten sind wegen des Wassers nicht mehr passierbar. Also nix is. Auch nicht mit dem Caprivi-Streifen, der nördlich des Deltas eine ideale Rückfahrtroute nach Namibia gewesen wäre, wenn wir ein "normalnasses" Jahr hätten.

Ein Trost eröffnet sich allerdings. Die südlich des Deltas gelegene Central Kalahari Game Reserve zieht jetzt die Tiere an. Wir waren zwar schon zwei Mal da und erinnern uns an die Schinderei, dorthin zu kommen (knapp 100 km tiefer Sand ohne Ausweichmöglichkeit immer an einem Zaun entlang). Inzwischen soll's aber eine bessere Zufahrt geben. Schaun wir mal.

Dienstag, 31.1.06 (Maun)   Heute fast nur rumgegammelt und Karten gespielt.

Am Nachmittag nach dem Regen wollten wir noch die beiden kaputten Reifen flicken, einen Fuß vom Dachträger schweißen lassen und etwas Einkaufen. Doch das war ein Satz mit X. Zu kaufen gab es nix und beim Aufziehen des Reifens haben sie die Felge völlig verbogen. Unreparierbar. Wie sie das hingekriegt haben, ist schleierhaft. Eine neue zu beschaffen, wird ein ernstes Problem, aber zunächst nicht unseres. Wir haben ihnen bis morgen Mittag Zeit gegeben, Ersatz zu beschaffen. Mal sehen, was sie zustande bringen.

Doch der Fuß vom Dachträger ist geschweißt.

Mittwoch, 1.2.06 (Maun)   Wie sie es gemacht haben, wissen wir nicht, aber die Werkstatt hat eine Felge aufgetrieben und nicht mal eine schlechte. Jetzt haben wir sechs gelbe Räder und ein silbernes.

Ansonsten ist das Wetter ziemlich mies. Keine Sonne und einiges an Regen. Wir hoffen, dass es zweihundert Kilometer weiter südlich besser ist und haben auch schon das Permit für die Zentral-Kalahari.