Geschicht(ch)en, die in Erinnerung bleiben

9.-17.12.07, Windhoek und Walvis Bay

Pferdewechsel im Galopp

Also, auf geht’s. Es ist Sonntagnachmittag, genau die richtige Zeit, um einen Motor auszubauen.

Für den Ausbau, das Zerlegen und Renovieren des ganzen Gemüses, was um den Motorblock herum gebaut ist, haben wir knapp vier Tage Zeit. Dann werden wir mit dem Bakkie 400 km nach Walvis Bay sprinten, dort hoffentlich auf gnädige Schauerleute und freundliche Zöllner treffen und mit einem neuen Motorblock als Beute nach Windhoek zurückkehren. Der neue wird dann innerhalb der nächsten zwei Tage mit den renovierten Teilen garniert, eingebaut und er wird laufen. Kleine Testfahrt nach Angola, Stempel holen und dann ...

... Füße hochlegen, am Pool liegen, Urlaub machen.

Soweit der Plan.

db_DSC01575Der Anfang hält sich an den Plan, nach drei Stunden liegt der Kandidat sauber heraus-operiert vor uns. Nach abermals drei Stunden ist er bis auf den blanken Rumpf abgestrippt. Auseinanderschrauben geht wirklich verdammt schnell. Auch gab es keine unangenehmen Überraschungen, die abgebauten Teile sind nach ein wenig Hege und Pflege alle wiederverwendbar.

Außerdem fliegen der Tank und die ganze Spritversorgung raus, denn nach bald 30 Jahren haben die Gummiteile ihr Leben hinter sich. Wenn da etwas undicht wird, steht kurz darauf der Motor in Flammen und mit ihm 100 Liter allerfeinsten Benzins.

db_DSC01547Ebenfalls keine Überraschung war der Dreck, der den Tank dick eingebettet hatte. Da haben sich Sahara, Libysche Wüste, Kalahari und Namib schichtweise verewigt. Insgesamt schaufeln wir gut 10 kg Staub aus dem Tankraum. Die Hinterachsfedern werden sich freuen. Am Ende der Ausgrabung kommt ein Tank im Bestzustand zum Vorschein, als wäre er erst gestern eingebuddelt worden. Kein Rost, kein Garnix.

In den folgenden Tagen geht’s weiterhin gut vorwärts, so dass am Donnerstag alles für die Implantation des db_DSC01584neuen Prachtstückes fertig ist. Der Motorraum sieht aus wie neu, der ausgegrabene Tank glänzt, der neue Ölkühler und der Filter sind vernünftig montiert und viele andere Kleinigkeiten sind in Ordnung gebracht. Jetzt fehlt nur noch das Prachtstück selbst.

Inzwischen weiß Anette, wo man Benzinschlauch oder anständige Schlauchschellen kauft. Immerhin haben wir 8 m Schlauch zu den beiden Tanks neu verlegt, mit entsprechend vielen Schellen. Das hält hoffentlich wieder 30 Jahre.

Am Donnerstag haben wir außerdem die Nachricht bekommen, dass das Schiff tatsächlich den Hafen gefunden hat und man hofft, dass der Container mit unserem Motor am Freitag mittag entladen ist. Für uns heißt das ganz konkret: morgen früh 5:30 Uhr wecken, 6 Uhr Abmarsch nach Walvis Bay, 12 Uhr bei der Spedition.

Es klappt wie geplant, wir sind rechtzeitig da, doch die Leute verschwinden erst einmal zum Mittagessen. Als sie um 2 Uhr wiederkommen, suchen sie den Container. Der eine sagt, er sei falsch angeliefert worden, der andere widerspricht, er wäre zwar da, doch sie hätten den falschen geöffnet, der dritte meint, es gäbe zwei Container mit der gleichen Nummer und der vierte gibt zu, sie wüssten nicht, wo das Zeug wäre. Wir gucken uns das Theater eine Stunde lang an, dann stehen wir im Büro und wirken gezielt unfreundlich. Sie haben verstanden und geben uns jemanden mit, der die Sache in die Hand nimmt. Nach einer weiteren Stunde ist wenigstens ein netter Zollbeamter aufgetrieben. Der Motor muss ja durch den Zoll.

Wir warten gemeinsam.

Schließlich kommt ein erboster Funkspruch einer Speditionsmitarbeiterin, der Motor stünde doch schon seit gestern in der Zollhalle und nicht mehr im Container!!! Würg.

Und da war er auch. Keine 50 m von uns entfernt. Die Märchen mit der ominösen Containersuche waren allesamt welche.

Der Freude folgt der Schreck. In der Frontwand der Kiste klaffen zwei große Löcher, durch die der Gabelstapler seine Gabeln gesteckt hat. Können die Deppen denn nicht ein bisschen aufpassen? Wenn’s dabei den Motorblock erwischt hat, können wir ihn wegwerfen.

Nach Aufschrauben der Kiste die Erleichterung und ein ganz großes Dankeschön an Herrn Porsche. Er hat den Motor so konstruiert, das genau an den beiden Stellen, wo die Gabeln eingedrungen sind, ein Hohlraum ist. Keine 2 cm darüber oder daneben und wir hätten einen Kapitalschaden gehabt. Das war Maßarbeit. Von Porsche und vom Staplerfahrer.

Bis der Papierkram erledigt ist und die Kiste im Bakkie liegt, ist es schon 4 Uhr nachmittags. Rückzug nach Windhoek.

Die 400 km ziehen sich hin, zumal wir nach Einbruch der Dunkelheit nicht über 60 km/h fahren, das ist uns wegen der Kudus zu gefährlich. Für kurze Strecken können wir uns immer wieder mal an einen Lkw dranhängen, aber die sind uns bergab viel zu schnell.

Sechs Stunden später sind wir zurück und es dauert bis nach Mitternacht, ehe wir alles ausgeladen haben und todmüde im Bett liegen.

Heute, Samstag, ist der entscheidende Tag. Am Abend muss der Motor drin sein, sonst haben wir keine Chance, am Dienstagabend an der Grenze zu sein.

Doch bevor aus dem nackten Motorblock ein ausgewachsener Motor geworden ist, muss noch eine ganze Menge angebaut werden. Beim Zerlegen waren wir nach drei Stunden fertig, doch es zieht sich fast bis Mitternacht hin, ehe alles wieder sauber dran ist. Lieber Zeit nehmen, als Flüchtigkeitsfehler machen, denn wir können uns keine Nacharbeiten erlauben. Das muss alles beim ersten Anlauf funktionieren.

db_DSC01633aAb Mitternacht beginnt der schwierigste Teil. Bus hinten 30 cm aufbocken, Motor drunter schieben und Wagen und Motor auf die gleiche Höhe bringen. Dann noch zwei Stunden Drücken, Schieben, Ruckeln, Fluchen und Schrauben und plötzlich rutscht er in die Position, in die er gehört. Geschafft. Anette hatte ein paar Minuten vorher beschlossen “Jetzt reicht’s, wir gehen ins Bett”. Das hat offensichtlich gewirkt. Es ist mittlerweile deutlich nach 4 Uhr morgens.

Um 7:30 Uhr sind wir wieder auf den Beinen, schließlich müssen wir alles noch richtig anschließen, vor allem den neuen Ölkühler.

Um 16 Uhr kommt dann der große Moment. Tut er’s oder tut er’s nicht?

Er tut es, was sonst!

Leider kann er das schöne neue Öl nicht an sich halten, es läuft in größeren Mengen hinten raus. Ein kurzer Blick reicht, um zu sehen, dass zwei Dichtungen am Ölkühler jämmerlich versagen. Ein zweiter Blick zeigt, dass sie auch gar nicht dicht sein konnten. Konstruktionsfehler, aber leicht zu beheben. Inkontinenz ist heilbar. Wir haben mit erheblich mehr Undichtigkeiten gerechnet. Allein die über 50 Dichtflächen im Ölkreislauf sind fast eine Garantie für Lecks. Und viele weitere bei Benzin, Heizung und Abgas.

Doch er ist tatsächlich trocken.

Als wir auf eine kurze Testfahrt gehen wollen, macht sich die Kupplung lautstark bemerkbar (sie ist neu) und es lässt sich kein Gang einlegen. Nur bei stehendem Motor, was auf Dauer irgendwie unschön ist.

Ein bisschen Schrauben löst das Problem, die Kupplung muss sich vermutlich erst richtig einschleifen. Einer nach dem anderen gehen auch die Gänge rein, doch da werden wir nach Angola noch mal ran müssen.

Auch nach 5 km ist der Motor noch dicht. Zwar sehr heiß, doch das ist normal, wenn alles neu ist.

Nach dem Abendessen bei Baptis ziehen wir von der Werkstatthalle in ein Chalet der Arebbusch Lodge um. Endlich wieder eine richtige Dusche und genügend Platz. Heute Nacht und morgen früh werden wir das Auto aufräumen, denn wir haben in den letzten Wochen ein ziemliches Chaos angerichtet, überall liegen Werkzeuge, Ersatzteile und Reste herum.

Da es wieder mal länger dauert als gedacht, dürfen wir am Montagvormittag noch ein paar Extrastunden im Chalet bleiben. Die Nachmieter brauchen es noch nicht und sind im übrigen in Hannover in dieselbe Schule gegangen wie Wolfgang.

Als wir schließlich fertig sind, sind wir selber überrascht. Eigentlich hatten wir nur eine minimale Chance, das alles rechtzeitig hinzukriegen, doch wir haben eine Menge Glück gehabt. Und viel gearbeitet.

PS: Die eigentliche Bewährungsprobe waren die 800 km an die angolanische Grenze. Glänzend bestanden.