Geschicht(ch)en, die in Erinnerung bleiben

27.1.05, Maputo/Moçambique

Maputo ist anders

Die Stadt muss einmal sehr schön gewesen sein. In einigen Ecken ist sie es immer noch bzw. wieder. Als die Portugiesen das Land 1975 Hals über Kopf verließen, begann in Moçambique ein fast zwanzigjähriger blutiger Bürgerkrieg. Ost-West-Stellvertreterkrieg. Mit dem Ende des Ost-West-Konfliktes waren die Kriegsparteien dann auch sehr schnell ausgelaugt. Moçambique war zum ärmsten Land der Welt verkommen, weit ärmer noch als Bangladesh, so arm, dass es nicht einmal mehr Krieg führen konnte.

Vor dem Krieg wurde Maputo zu den schönsten Städten der Welt gezählt. Man kann es heute noch ahnen. Es liegt wunderschön auf einem Hügel an einer geschützten Bucht des Indischen Ozeans. Alles ist tropisch grün, das macht den Anblick des Verfalls fast schon wieder malerisch. Mitten im Stadtzentrum gibt es zahlreiche Villen, völlig überwuchert, ohne Dächer und mit dicken Bäumen, die aus den Häusern wachsen.

Die Stadt und die Bevölkerung haben mehr Ähnlichkeit mit Rio de Janeiro als mit anderen afrikanischen Städten. Karibik in Afrika.

Heute ist Maputo eine Stadt der Extreme. Extreme, wie wir sie sonst nirgendwo erlebt haben. Fotografiert haben wir sie nicht.

Kriegskrüppel schlafen unter einer Zeitung neben dem Straßenhändler, der schicke Handys an ebenso schicke junge Mädchen verkauft. Der Banker mit Schlips und Kragen zieht seine Hosenbeine hoch, damit wenigstens der dunkle Anzug vom Schlamm des "Fußweges" verschont bleibt. Es ist für die Fußgänger normal, von den Autos zur Seite gejagt zu werden, wenn denen die Straße zu schlecht ist. Die Hauptstraßen sind prima in Ordnung, obwohl hin und wieder Kanaldeckel fehlen (Achsenbruch garantiert), doch die Neben"straßen" sind Schlagloch- und Seenlandschaften. Man fährt besser seeeehr langsam, immer die Vorausfahrenden beobachtend, denn unter dem See könnte ja auch ein Kanaldeckel fehlen. Einheimische kennen die ungefährlichen Seen und brettern schon mal mit Schmackes durch, das spart die Autowäsche. An vielen Kreuzungen kommt man vom Fußweg nicht herunter, weil lange Pfützen den Weg versperren. Oft sieht man Erwachsene und Kinder, die Müllberge und -container nach Brauchbarem durchwühlen. Auch db_Img0010930Essensreste sind brauchbar. An den Hängen zum Meer liegen moderne Villen in tropischen Parks, abgeschirmt durch Stacheldraht, Elektrozaun und Wächter am Tor. Als wir mittags in einem Restaurant am Strand eine Kleinigkeit essen, haben wir vermutlich mehr ausgegeben, als eine durchschnittliche Familie in der Woche zum Leben hat. Extreme, die nicht spurlos an uns vorüber gehen.

Andererseits herrscht trotz Armut und Schmutz in der Stadt ganz und gar keine traurige Stimmung. Eher schon eine karibisch-fröhliche. Die Menschen lachen, immer wieder sieht man den Daumen hoch, Betteln ist selten (obwohl viele sicher einen Grund dazu hätten). Man kann das vermutlich nur unter dem Eindruck der vergangenen zwanzig Kriegsjahre verstehen.

Doch irgendwie können wir nachvollziehen, warum Henning Mankell einen Teil seiner Zeit hier lebt. Die Stadt hat was Faszinierendes.

Noch stärker als in Botswana fallen uns hier die Handys auf. Fast jeder spielt an so einem Ding rum. Sie werden wie Trophäen getragen. Es tobt ein regelrechter Krieg zwischen den Mobilfunkanbietern und es gibt wohl keinen Quadratmeter in Maputo, von dem aus man keine Vodaphone-Reklame sieht, die Stadt ist damit regelrecht zugepflastert. Ob Handys zu den wichtigen Dingen gehören, die Moçambique wirklich braucht?

Und noch etwas fällt uns in Maputo wie in anderen afrikanischen Städten mit "sozialistischer" Vergangenheit auf: Hier hat fast jeder missratene Politiker, der sein Land ins Elend geführt hat, die Chance, eine Straße nach sich benannt zu bekommen. Neben Kim Il Sung aus Nordkorea (ausgerechnet an der liegt die deutsche Botschaft) findet man Stalin, Mugabe (der gerade Zimbabwe zugrunde richtet), Kabila aus Zaire, Bokassa, Mengistu, Fidel Castro und wie sie alle heißen. Mitten drin aber auch Mandela, Annan, Palme und andere positive Figuren (oder sind das die Ausnahmen?).

Den Weg zum Hafen beschrieb man uns mit "immer die Avenida Kamax runterfahren". Kamax entpuppte sich als Karl Max oder Karl Marx.